Offizielle Pressemitteilungen der Europa-Universität Flensburg (EUF)

Gedenken an die Familie Rose aus Schiol

Eine Gedenktafel wird nun an die Familie Rose erinnern, die im kleinen Ort Schiol lebte, bis sie 1940 über das Flensburger Zwangslager für Sinti und Roma in das deutsch besetzte Generalgouvernement in Polen deportiert wurde. Ausgangspunkt für die Projektgruppe waren Recherchen von Dr. Sebastian Lotto-Kusche, wissenschaftlicher Mitarbeiter der EUF.

Heute (04.05.2025) wurde die Gedenktafel mit der Geschichte der Familie Rose im Rahmen eines feierlichen Gedenkens der Gemeinde Steinbergkirche enthüllt. Dem Tag, an dem die Polizei vor 85 Jahren Katharina Rose mit ihren drei Kindern zunächst im Dorf Schiol abholte und nach Flensburg brachte. Von dort wurde die Familie in das deutsch besetzte Generalgouvernement in Polen deportiert. Als das Zwangsarbeitslager, in das Katharina Rose mit ihren Kindern deportiert wurde, 1940 aufgelöst wurde, gelang es der Familie nach Schiol zurückzukehren. Sie wurden jedoch von unbekannten Personen denunziert, Katharina Rose wurde ins KZ Ravensbrück gebracht, wo sie 1944 starb. Während der Sohn in Warschau verloren ging, durften die beiden Töchter beim Vater eines der Mädchen in Schiol bleiben, erst in den 1960er Jahren kamen die Kinder von Katharina Rose wieder miteinander in Kontakt.

In der Ortsmitte von Quern erinnert nun eine Gedenktafel an die Familie und ihre Geschichte. „Wir können die Geschehnisse der damaligen Zeit nicht heilen, aber es ist wichtig, sie im Gedächtnis zu behalten“, erklärte Jürgen Schiewer, Bürgermeister der Gemeinde Steinbergkirche. 

Gedenken, dass wichtige Anknüpfungspunkte bietet

Dr. Sebastian Lotto-Kusche, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für regionale Zeitgeschichte und Public History hatte die Geschichte der Familie recherchiert. Er forscht zur Geschichte der Sinti und Roma im Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit. „Die Geschichte der Familie Rose ist sehr komplex. Sie bietet uns ganz verschiedene Anknüpfungspunkte, insbesondere zur nicht erfolgten Strafverfolgung nach 1945“, erklärt der Historiker. Neben der Gemeinde Steinbergkirche, der Kirchengemeinde Nieharde und dem Verein Kirchspielchronik Quern-Neukirchen e.V. und dem Verband Deutscher Sinti und Roma –Landesverband Schleswig- Holstein e.V.  ist auch die Internationale Bildungsstätte Jugendhof Scheersberg Teil der Projektgruppe. Im laufenden Frühjahrssemester werden an der Europa-Universität Flensburg Bildungsmaterialien entwickelt, mit denen die umliegenden Schulen und die Bildungsstätte den Nationalsozialismus unter anderem anhand dieses konkreten Schicksals in den Unterricht behandeln können.

Staat und Behörden setzen sich mit der Vergangenheit auseinander

Der Minderheitenbeauftragte der Landesregierung, Johannes Callsen, würdigte die Initiative der Gemeinde Steinbergkirche als einen wichtigen Beitrag aus der Gesellschaft heraus zum Gedenken an die Verfolgung der Sinti und Roma in der NS-Zeit: "Das Schicksal von Katharina Rose und ihrer Familie in Schiol macht deutlich, dass die Verfolgung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus nicht irgendwo stattfand, sondern auch in unserer unmittelbaren Nähe." 

Die Auseinandersetzung mit der Rolle des Staates und der Behörden in der Vergangenheit und die Lehren, die daraus für die Zukunft gezogen werden müssen, seien ein wichtiges Thema. Vor diesem Hintergrund wies Callsen auf verschiedene Projekte in Schleswig-Holstein hin, etwa die Studie des Landtages zur Verfolgung der Sinti und Roma in Schleswig-Holstein, die Studie des Finanzministeriums zur Rolle der Finanzbehörden bei der Entrechtung und Verfolgung von Sinti und Roma oder die Forschungsprojekte an der Europa-Universität Flensburg zur Ausgrenzung der Sinti und Roma und zum Antiziganismus. Johannes Callsen dankte allen am Projekt in Steinbergkirche Beteiligten, die damit einen weiteren Baustein des Gedenkens und der Mahnung gelegt hätten.

Erinnerung muss die Verpflichtung sein, Diskriminierung und Ausgrenzung entschlossen entgegenzutreten

Rolf Schlotter, stellvertretender Vorsitzender und Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim Verband Deutscher Sinti und Roma – Landesverband Schleswig-Holstein würdigte das Projekt mit den Worten: „Erinnerung darf kein leeres Ritual sein; sie muss eine Verpflichtung sein, Diskriminierung und Ausgrenzung heute und in Zukunft entschlossen entgegenzutreten. Der Landesverband sieht in dieser Gedenktafel einen wichtigen Schritt, um die Würde der Opfer zu bewahren und historische Verantwortung aktiv zu gestalten.“

Kontakt

Gemeinde Steinbergkirche: 
Jürgen Schiewer
Bürgermeister der Gemeinde Steinbergkirche 
Tel. 04632 84 91 11
E-Mail: buergermeister-TextEinschliesslichBindestricheBitteEntfernen-@steinbergkirche.de

Europa-Universität Flensburg:
Dr. Sebastian Lotto-Kusche, 
wissenschaftlicher Mitarbeiter 
Forschungsstelle für regionale Zeitgeschichte und Public History
Tel. 04621 86 18 91
E-Mail: sebastian.lotto-kusche-TextEinschliesslichBindestricheBitteEntfernen-@uni-flensburg.de