Dr. Sandra Frey und Prof. Dr. Thomas Szanto in Ungarn
Dr. Sandra Frey und Prof. Dr. Thomas Szanto (Philosophisches Seminar) haben ein Blended Intensive Programme (BIP) an der Eötvös Loránd Universität (ELTE) in Budapest durchgeführt.
Motivation
Vom 07.04. bis zum 11.04.2025 fand an der Eötvös Loránd Universität (ELTE, Budapest) ein BIP-Seminar zum Thema "Minderheiten als Fenster zur Welt. Kulturelle Identitäten und Vielfalt" statt. Thematisch war das Seminar an vorausgegangene binationale Seminaren der Europa-Universität Flensburg (EUF) und des University College Syddanmark (UC SYD) angelehnt (FrSe 22 und 23 im Rahmen des DAAD-Projekts "Partners in Mobility"). Mit der ELTE konnten wir eine dritte Partneruniversität dazu gewinnen, die auch als Gastgeberuniversität fungierte.
Thematisch war es naheliegend, die deutsch-ungarische Minderheit als Beispiel für das umfassende Thema in den Fokus zu rücken und zugleich auch immer wieder Vergleiche zu anderen Minderheiten in Ungarn (Roma und Juden) zu ziehen. Zudem gehört ein Teil der Studierenden und Dozierenden der UC SYD der dänischen und deutschen Minderheit in Deutschland und Dänemark an. Weitere Studierende und Dozierende haben Erfahrungen als Minderheiten und mit Diskriminierung in anderen nicht-nationalen Kontexten gesammelt.
Vorbereitung
Die Vorbereitung eines BIPs (oder überhaupt eines internationalen Seminars) ist recht aufwändig. Wir trafen uns öfters online, um die Inhalte, thematischen Schwerpunkte und Exkursionen abzusprechen. Eine große Herausforderung sind dabei immer wieder die unterschiedlichen Studiensysteme und Prüfungsmodalitäten, an die das Seminar angepasst werden muss. Hier ist Flexibilität und Kreativität gefragt. In diesem Fall konnten wir auf das ältere und erprobte Programm der vergangenen Jahre zurückgreifen und es mit anderen ähnlichen BIP-Programmen, die bereits an der ELTE durchgeführt wurden, zusammenfließen lassen.
Zu beachten ist auch, dass rechtzeitig Studierende angeworben werden müssen, um den aufwändigen bürokratischen Prozess (es müssen zig Formulare ausgefüllt werden) bewerkstelligen und frühzeitig Reisen und Unterkünfte zu noch vernünftigen Preisen buchen zu können. Letzteres ist bedeutsam, damit die Tagespauschalen sowie Reisekostenzuschläge eingehalten werden können und die Eigenbeteiligung der Studierenden sich in Grenzen hält. Die Buchungen sollten auch immer mit Stornierungsoption erfolgen, um für die Möglichkeit einer Erkrankung Vorkehrungen zu treffen. Wir haben die Studierenden im Dezember angeworben, um ein Motivationsscheiben bis Ende Dezember gebeten und Mitte Januar dann die Zusagen erteilt, was uns insgesamt ausreichend Zeit für die bürokratischen Hürden ließ.
Überhaupt sollte man sich so früh wie möglich über die allgemeinen Konditionen des BIP-Programms informieren, Verantwortlichkeiten klären und alle International Centers der Partneruniversitäten rechtzeitig informieren und deren Unterstützung und Hilfe in Anspruch nehmen.
Glücklicherweise wurden wir durch das International Center (IC) der EUF immer gut beraten und betreut. Wir haben das IC früh in die Prozesse eingebunden, z.B. zur Infoveranstaltung für Studierende Anfang Dezember, um auch diesen Kontakt und die Beratung gleich zu Beginn zu ermöglichen und die Prozesse so transparent wie möglich zu gestalten.
Dafür haben wir auch einen Moodlekurs eingerichtet. Leider musste die Verteilung der Informationen immer noch getrennt nach Universitäten verlaufen, weil wir kein gemeinsames Learning Management System haben. Wir haben das durch ein gemeinsames Padlet für Vorträge und Informationen sowie Google-docs-Dokumenten für die Planung überbrückt.
Programm
Das Seminar befasste sich mit philosophischen, erziehungswissenschaftlichen, historischen, sozialwissenschaftlichen, sprachpädagogischen und didaktischen Aspekten kultureller Identitäten und Vielfalt sowie der Minderheitenpädagogik. Aus vergleichender Perspektive wurden die Rolle kultureller Identitäten von Minderheiten in einer pluralistischen Gesellschaft untersucht und diskutiert, und insbesondere am Beispiel der deutsch-ungarischen, deutschen und dänischen Minderheiten sowie Roma und Juden verdeutlicht.
Hauptziel war es, die Studierenden für ihre eigenen kulturell-hybriden Identitäten und ihr Dasein als Minderheiten zu sensibilisieren. Durch das Modul erwarben sie Kenntnisse über die Geschichte der Minderheiten, Spracherwerbstheorien, Kulturtheorien und konkrete didaktische Werkzeuge, die direkt im Unterricht eingesetzt werden können. Das Seminar vermittelte somit ein breites Wissen über die Faktoren, die für den guten interkulturellen und inklusiven Unterricht an Schulen von zentraler Bedeutung sind, und befähigt die Studierenden in (sprachlich und kulturell) heterogenen Kontexten ressourcenorientiert zu unterrichten.
Das zentrale Thema der Projektarbeit lautete “Schulen/Kindergärten der Zukunft”. Die Studierenden sollten Konzepte entwickeln, wie Schulen und Kindergärten in Zukunft aussehen können/sollen, um interkulturell und inklusiv zu sein. Dabei sollten sie theoretische und praktische Aspekte miteinander verbinden. Thematisch haben wir die Studierenden in vier gemischte Gruppen eingeteilt und dabei darauf geachtet, dass in jeder Gruppe, Studierende aller drei Universitäten vertreten sind. Die typische anfängliche Ratlosigkeit löste sich schnell auf, als die Studierenden in den Gruppen aktiv wurden, in den Austausch kamen und erste Ideen zur Konkretisierung sammelten. Auch dieses Mal kamen großartige Projekte zustande: Eine Gruppe erarbeitete ein Brettspiel mit Frage- und Aktionskarten, um Kinder im Kindergarten und in der Grundschule für ihre verschiedenen kulturellen Identitäten zu sensibilisieren; eine weitere Gruppe zeigte, wie das Kinderbuch „Elmer“ kindgerecht eingesetzt werden kann, um das Thema kulturelle Identitäten zu erarbeiten; eine dritte Gruppe machte einen Expertenpodcast, der das Thema Mehrsprachigkeit in der Schule aus verschiedenen Perspektiven beleuchtete und die vierte Gruppe hat sich genauer mit der Frage beschäftigt, wie der Übergang von Kindergarten zur Grundschule in den drei Staaten Deutschland, Dänemark und Ungarn anders gestaltet werden kann, um das Thema Vielfalt kultureller Identitäten besser und inklusiver aufzunehmen.
Fazit
Alle Studierenden und Dozierenden waren mit dem Seminar sehr zufrieden, empfanden es als sehr bereichernd, bezeichneten es als eine tolle Zeit in einer wunderschönen Stadt, die man spätnachmittags und abends auch noch weiter erkunden konnte. Alle kamen mit vielen verschiedenen Eindrücken und einem erweiterten Verständnis unterschiedlicher Aspekte der Thematik zurück, was genau dem Ziel des Seminars und damit der interkulturellen Verständigung dient. Die Studierenden beklagten, dass es nicht mehr solcher Seminare gibt und die Dozierenden möchten die Partnerschaft im kommenden Jahr in Flensburg oder Haderslev fortsetzen.