Start des Forschungsprojektes über die Rolle der schleswig-holsteinischen Finanzbehörden im Nationalsozialismus

Im April 2025 startete das Forschungsprojekt zur Rolle der schleswig-holsteinischen Finanzbehörden bei der Entrechtung, Ausbeutung und Deportation von Jüdinnen und Juden, Sintize und Sinti und Romnja und Roma, das die Forschungsstelle für regionale Zeitgeschichte und Public History an der EUF im Auftrag des schleswig-holsteinischen Finanzministeriums durchführt.

Systematisch und detailliert werden dabei Strukturen, Abläufe und Verantwortlichkeiten in den Finanzbehörden während des Nationalsozialismus ausgewertet, sowie das Handeln der Behörden bei Entschädigung und Wiedergutmachung in der Nachkriegszeit untersucht. Dazu werden Akten zu den behördlichen und gerichtlichen Rückerstattungs- und Wiedergutmachungsverfahren herangezogen, um herauszuarbeiten, welche Handlungs- und Ermessensspielräume genutzt wurden und welche ungenutzt blieben. Intensive Beachtung finden dabei sowohl Biografien von Täterinnen und Tätern als auch Opferperspektiven, um so ein differenziertes Bild zu zeichnen und die strukturelle und bürokratische Ausbeutung von schleswig-holsteinischen Juden und Jüdinnen, von Sintize und Sinti, sowie von Romnja und Roma nachzuzeichnen.

Auch die Frage, wie Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte zur Beteiligung an einem legalisierten Raub motiviert werden konnten und welche ideologischen sowie persönlichen Beweggründe dabei eine Rolle spielten, steht dabei im Fokus.

„Wir wollen in unserer Arbeit die bürokratischen Prozesse und die Sprache der Finanzbehörden entschlüsseln, um zu verstehen, wie die Täterinnen und Täter gegenüber sich selbst ihre Handlungen legitimieren konnten und inwieweit diese sich auch nach dem Krieg fortsetzten“, erklärt Prof. Dr. Marc Buggeln von der Forschungsstelle für regionale Zeitgeschichte und Public History der Europa-Universität Flensburg, der die wissenschaftliche Federführung für das Forschungsprojekt innehat. Der Hauptbearbeiter des Projektes wird der Historiker Dr. Hanno Balz sein, der nach einer fünfjährigen DAAD-Professur an der Universität Cambridge wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist.

Das Forschungsprojekt wird durch einen Beirat aus Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft begleitet, der das Finanzministerium mit Expertise unterstützt und berät. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung werden voraussichtlich im Herbst 2025 vorliegen und dann in Form eines schriftlichen Forschungsberichts der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

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