Bild einer Frau, die sich Notizen macht
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Friedens- und Minderheitenforschung in der Grenzregion

Europaausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags tagt an der Europa-Universität Flensburg

Der Europaausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags tagte am Montag (29.04.) an der Europa-Universität Flensburg (EUF). Auf der Tagesordnung standen das Interdisciplinary Centre for European Studies (ICES), die Arbeit der European Wasatia Graduate School for Peace and Conflict Resolution, das Thema Minderheitenforschung in Flensburg und an der EUF, die Vorstellung des Zentrums für kleine und regionale Sprachen (KURS), die Internationalisierungsstrategie der EUF sowie Herausforderungen und Ressourcenfragen der EUF.

Europa unter Druck

Universitätspräsident Prof. Dr. Werner Reinhart begrüßte die Mitglieder des Ausschusses und ihren Vorsitzenden Malte Krüger von Bündnis 90/Die Grünen und wies auf die Bedrohung der Europäischen Union durch autoritäre Bewegungen hin.

Zehn Jahre Europa-Universität Flensburg

Prof. Dr. Ulrich Glassmann, Vizepräsident für Europa und Internationales, wies anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Europa-Universität Flensburg auf die Erfolge der letzten zehn Jahre hin: So wird das Thema Europa an der EUF in Studium und Lehre unter anderem von 19 Europa-Professuren in derzeit sieben europabezogenen Studiengängen und in Teilen auch in den lehramtsbezogenen Fächern behandelt. Um den Europaschwerpunkt der Hochschule auf der Forschungsseite zu erweitern und zu vertiefen, wurde 2018 das Interdisziplinäre Zentrum für Europastudien (ICES) eingerichtet. Seit seiner Gründung hat es mit 34 geförderten Projekten fast 10 Millionen Euro an Drittmitteln eingeworben, wie ICES-Direktorin Prof. Dr. Monika Eigmüller aufzeigte. Ein Thema in der Europaforschung: das Erstarken antieuropäischer Bewegungen, erklärte Eigmüller auf Nachfrage. Aber auch im Lehramtsstudium werde das Bewusstsein für die Bedeutung eines demokratischen Europas gestärkt.

European Wasatia Graduate School for Peace and Conflict Resolution

Auf großes Interesse stieß bei den Abgeordneten die European Wasatia Graduate School for Peace and Conflict Resolution der EUF. Im arabischen Wort Wasatia steckt die zentrale Intention dieser besonderen Flensburger Graduiertenschule: Versöhnung und Ausgleich. Ziel der trinationalen, multireligiösen und interdisziplinären Graduate School ist es, Bedingungen für Frieden und Versöhnung im Nahen Osten zu identifizieren. In der ersten Kohorte promovieren seit 2019 zehn Studierende, die zweite Kohorte mit 13 Studierenden wird Ende Mai begrüßt. Geleitet wird die Schule von Dr. Zeina Barakatin als Geschäftsführerin, dem Theologen Prof. Dr. Ralf Wüstenberg als Direktor und dem Orientalisten und Nahostexperten Prof. Dr. Udo Steinbach von der Maecenata Stiftung.

Empirische Minderheitenforschung in der Grenzregion

Das European Center for Minority Issues (ECMI) mit Sitz in Flensburg stellte seinen Direktor Prof. Dr. Vello Pettai vor. Er bedankte sich für die Unterstützung des Landes Schleswig-Holstein, die dazu beigetragen hat, dass das ECMI in den letzten Jahren auf mittlerweile 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsen ist.  Prof. Dr. Martin Klatt, Leiter des Clusters "Dänisch-Deutsche Minderheitenfragen" am ECMI, skizzierte die drei wissenschaftlichen Ziele des ECMI für die deutsch-dänische Grenzregion: erstens die Analyse des deutsch-dänischen Minderheitenmodells unter dem Titel "unpacking the model", zweitens die Analyse des Status der Minderheiten Friesen und Sinti/Roma und drittens die empirische Erforschung der Beziehungen zwischen Minderheiten und Mehrheiten in der Grenzregion unter dem Stichwort "Intergroup Relation".

Kleine Sprachen aus regionaler, europäischer und internationaler Perspektive

Das "Zentrum für kleine und regionale Sprachen" (KURS) der EUF dokumentiert und erforscht seit 2014 die hiesigen kleinen und regionalen Sprachen. Dessen Direktorin, Prof. Dr. Karoline Kühl, präsentierte das KURS als Wissensressource u.a. zu kleinen und regionalen Sprachen/Minderheitensprache aus regionaler, europäischer und internationaler Perspektive. Ein weiteres Thema unter dem Tagesordnungspunkt "Minderheitenpolitik" war die Notwendigkeit, Friesisch als Ergänzungsfach an der EUF anbieten zu können.

Querschnittsaufgabe Internationalisierung

Zum Abschluss des Besuchs stand das Thema Internationalisierung" auf dem Programm. Der Vizepräsident für Europa und Internationales, Prof. Dr. Ulrich Glassmann, verwies auf die enge Kooperation, die die EUF mit ihrer strategischen Partnerhochschule in Dänemark, der Syddansk Universitet/SDU (Campus Sønderborg), pflegt. Um diese Kooperation zu erhalten, sei es notwendig, regulatorische Hürden abzubauen, wie z.B. die Tatsache, dass dänische Lehrende nicht in Deutschland unterrichten dürfen. Er forderte einen Sonderstatus für solche spezifischen Kooperationsbeziehungen. Anschließend skizzierte er die anstehende Internationalisierung als Querschnittsaufgabe in Forschung, Lehre und Transfer. 

In der Forschung gelte es künftig, insbesondere den wissenschaftlichen Nachwuchs stärker international auszubilden. In der Lehre sollen künftig die sehr gut ausgebauten Mobilitätsprogramme der EUF durch eine noch bessere Gewinnung internationaler Studierender für die bestehenden Programme ergänzt werden. Mit Third Mission oder Transfer will die EUF einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten.

Investitionen in Bildung und Internationalisierung, so Glassmann abschließend, seien wichtige Impulse für die regionale Entwicklung und damit ein Beitrag zum Abbau der Europaskepsis in peripheren Regionen.