Laptop und Zeitung
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Offizielle Pressemitteilungen der Europa-Universität Flensburg (EUF)

Wem gehört Heimat?

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Ein deutsch-dänischer Workshop an der Europa-Universität Flensburg erkundet den vielschichtigen Begriff ‚Heimat‘

Warum überlassen wir 'Heimat' den Rechtspopulisten?

Wem gehört Heimat?" Mit dieser Frage beschäftigte sich am Donnerstag (26.4.) ein Workshop an der Europa-Universität Flensburg. Elin Fredsted, Professorin für Dänische Sprache und Literatur, und Dr. Markus Pohlmeyer (Seminar Katholische Theologie), möchten die Debatte um diesen kontroversen Begriff versachlichen. "Ich habe mich gefragt: Warum überlassen wir ‚Heimat‘ den Rechtspopulisten?", fragte Elin Fredsted, die im deutsch-dänischen Grenzland, in Nordschleswig, geboren und aufgewachsen ist. "Diese Region fühlt sich für mich wie meine Heimat an, aber trotzdem möchte ich nicht in eine rechte Ecke gestellt oder als rückwärtsgewandt betrachtet werden."

Heimat besteht aus kulturellen Praktiken

Zum Einstieg des eintägigen Workshops stellte der Journalist und Kritiker Alf Mayer anhand von Filmausschnitten das Konzept des berühmten Filmepos "Heimat" von Edgar Reitz vor. "Bei Edgar Reitz hat mir immer schon gefallen, dass er sich in "Heimat" sehr, sehr gründlich mit seinen eigenen Wurzeln auseinandersetzt. So komplex wie dieser Film ist auch Heimat", unterstrich Mayer.

Im Anschluss stellte die Kieler Ethnologin Prof. Dr. Silke Göttsch-Elten die wechselvolle Geschichte des Begriffs Heimat dar. "Heimat ist ein Schlüsselbegriff in zweierlei Hinsicht: Einmal gibt es ihn als bedeutungsoffenen Begriff, der von links und rechts besetzt werden kann. Und dann gibt es ihn auch als individuelles Gefühl. Beide Begriffe müssen wir präzise auseinander halten", erläuterte die Ethnologin und betonte: "Heimat ist nichts Statisches, sondern Heimat besteht aus kulturellen Praktiken, mit denen wir uns unsere Welt aneignen."

Wie definiert man Heimat in einem Grenzgebiet?

Prof. Dr. Steen Bo Frandsen, Leiter des Centre for Border Region Studies der Syddansk Universitet, fragte mit Blick auf die besondere Situation in Schleswig: "Wie definiert man Heimat in einem Grenzland, also in einem Gebiet, in dem die Grenze zweier Nationalstaaten eine Region teilt? Wie verhält sich die Eindeutigkeit der Nationalstaaten zur Vielfalt einer Region?"

Kulturwissenschaften können zur Versachlichung des Begriffs beitragen

Den eher kulturwissenschaftlichen Blick auf das komplexe und widersprüchliche Thema "Heimat" verdeutlichte auch eine Podiumsdiskussion zum Thema "Kulturpolitik in der Region und die Konstituierung von Heimat".

"Kulturwissenschaften", war sich Mitorganisator Dr. Markus Pohlmeyer sicher, "können zur Versachlichung und Klärung des Begriffs Heimat beitragen, da sie einen objektivieren deren Blick ermöglichen als nur politische Instrumentalisierung." Er stellte zum Abschluss literarische Texte vor, in denen durch Exilerfahrungen der Verlust von Heimat problematisiert, kompensiert und literarisch verarbeitet wird.  

"Heimat ist die schönste Utopie"

Als historischer Gegenspieler zum Begriff "Heimat" wurde immer wieder der Begriff "Nation" genannt. Elin Fredsted zitierte den österreichischen Schriftsteller Robert Menasse, der Heimat als schönste Utopie bezeichnet hat: "Heimat ist ein Menschenrecht, Nation nicht. Heimat ist konkret, Nation ist abstrakt."