Gartenplastik "Primavera"

Die Europa-Universität Flensburg stand im Juli 2023 im Fokus der Medien. Auslöser waren der Abbau der Primavera aus dem Foyer des Gebäudes OSLO Anfang März sowie ein regenbogenfarbenes Fragezeichen, das vorübergehend auf dem Sockel der Plastik platziert wurde.

Mit Beginn des Herbstsemesters wird die Figur wieder öffentlich zugänglich gemacht und die Diskussion in den Gremien wieder aufgenommen.

Die folgenden Seiten dokumentieren die Entwicklungen rund um die Gartenplastik Primavera. Aktuelle Geschehnisse, Diskussionsergebnisse und Entwicklungen werden ab sofort an dieser Stelle anlassbezogen ergänzt.

Im folgenden Pressespiegel sind alle frei verfügbaren Artikel verlinkt:

Am 12.09.2023 hat die Europa-Universität Flensburg folgende News auf ihrer Startseite veröffentlicht:

Gartenplastik Primavera kommt vorläufig zurück

Präsidium erklärt Beschluss zur Entfernung für nichtig

Die Gartenplastik Primavera kommt vorläufig an ihren ursprünglichen Platz zurück. Das Präsidium der Europa-Universität Flensburg (EUF) hat den Beschluss aus dem Februar 2023 für nichtig erklärt, die Figur aus dem Foyer des Gebäudes Oslo zu entfernen. "Dieser Beschluss war formal nicht korrekt", erklärt der Vizepräsident für Studium, Lehre und Digitalisierung der EUF, Prof. Dr. Jürgen Schwier stellvertretend für das Präsidium. "Das Präsidium war in dieser Frage nicht zuständig. Der Umgang mit der Skulptur hätte vom Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss (GDA), der ein Unterausschuss des Senats ist, zunächst in den Senat eingebracht und dort diskutiert werden müssen".

Diskussion im Hochschulsenat

Dieses Verfahren soll auf der kommenden Senatssitzung verfolgt werden. Der Senat wird in seiner Sitzung am 27.09.2023 diskutieren, wie mit der Skulptur weiter umgegangen werden soll. Auch die gesellschaftliche Debatte, die sich an der Figur entzündet hat, wird dort voraussichtlich Thema werden.

Bis zur abschließenden Klärung kommt die Gartenplastik auf ihren ursprünglichen Platz im Gebäude Oslo zurück. Ein QR-Code an ihrem Sockel verweist auf eine Webseite. Dort sind Informationen zum Verlauf der Geschehnisse dokumentiert.

Die Entfernung der Skulptur hatte zu einer Mediendebatte im deutschsprachigen Raum geführt.

Gleichstellung ist nicht ohne Konflikte zu haben

Schwier dankte dem Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss dafür, dass er mit seiner Initiative, die Primavera zu entfernen, auf ein wichtiges Thema aufmerksam gemacht habe. "Es ist eine Binsenweisheit, dass Gleichstellung nicht ohne Konflikte zu haben ist. Wie geht die Mehrheitsgesellschaft mit den Anliegen von Minderheiten um? Wie geht sie mit den Perspektiven von Menschen um, die Diskriminierungserfahrungen machen? Welche Konsequenzen hat es für eine Universität, wenn sie Gleichstellung und Diversität ernst nimmt? Und: Wie können wir die naturgemäß unterschiedlichen Perspektiven darauf gut und ernsthaft diskutieren?", skizziert er die Fragen, die sich aus der Debatte um die Gartenplastik ergeben.

Man habe, so Schwier, diese Themen im wahrsten Sinne des Wortes zu schnell abgeräumt. Nun braucht es Zeit für eine interne und möglicherweise auch externe Debatte.

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Am 26.07.2023 hat die Europa-Universität Flensburg folgende News auf ihrer Startseite veröffentlicht:

Europa-Universität Flensburg in den Medien

Debatte über den Abbau der Gartenplastik (Primavera)

Die Europa-Universität Flensburg steht seit dem 21.7.2023 im Fokus der Medien. Auslöser ist der Abbau der Gartenplastik (Primavera) von Fritz During aus dem Foyer des Gebäudes Oslo Anfang März sowie das regenbogenfarbene Fragezeichen, das seit einiger Zeit auf dem Sockel der Gartenplastik steht. Das Fragezeichen wurde von einer unbekannten Person aufgestellt und stellt aus Sicht der Universität keinen Ersatz dar.

Zusammenhang von Figur und Ort

Grund für den Abbau der Gartenplastik waren Diskussionen im Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss der Universität. Dabei wurde die Frage aufgeworfen, ob die Gartenplastik als figürliche Darstellung eines Frauenkörpers an einem so prominenten Ort der Universität richtig platziert sei. Hinterfragt wurde der Zusammenhang von Figur und Ort, nicht die Figur an sich.

Stellungnahme der Kunst

Zu dieser Frage wurden verschiedene Perspektiven eingeholt, unter anderem eine Stellungnahme aus dem Fach Kunst im Mai 2022 mit folgendem Inhalt: "Daher möchten wir empfehlen, die Plastik (eine solide künstlerische Arbeit ihrer Zeit und ihres Entstehungskontextes) zwar weiterhin auf dem Gelände der EUF auszustellen, aber einen weniger zentralen Ort dafür zu wählen."

Ab Herbst 2023 Raum für Diskussion

Die Entfernung der Plastik und das Fragezeichen auf dem Sockel haben nun eine öffentliche Debatte ausgelöst. Das Präsidium der EUF bedauert, dass die Gartenplastik aus dem Foyer entfernt wurde, ohne dass im Vorfeld ein entsprechender Diskurs stattgefunden hat. Daher soll die Plastik ab dem Herbstsemester 2023 wieder öffentlich zugänglich gemacht werden. Zudem wird die Gelegenheit für eine breit zu führende Diskussion geschaffen und der Meinungsaustausch in den Gremien wieder aufgenommen.

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Nach dem Abbau der Primavera Anfang März hat eine unbekannte Person ein regenbogenfarbenes Fragezeichen auf dem Sockel der Primavera aufgestellt und folgenden Text ergänzt (rosafarbener Zettel, siehe Bild):

"Der Statue "Primavera" wurde in der Begründung ihrer Entfernung nahegelegt, es liege nahe, sie "als Ausdruck der ästhetischen wie ethischen Werte zu verstehen, mit denen sich die EUF identifiziert". Konsequent weitergedacht könnte dies so verstanden werden, dass die ästhetischen wie ethischen Werte der EUF sich besser mit einer Leerstelle identifizieren ließen. Vor diesem Hintergrund ist eine (nur als temporäre Lösung zu verstehende) Alternative geschaffen worden, indem eine Materialisierung der grundsätzlichen Bereitschaft zu hinterfragendem Forschen und Reflektieren verbunden wurde mit der deutlichen erklärten Bereitschaft zu Frieden, Toleranz und Akzeptanz, der Vielfalt, wie diese sich auch im Leitbild der Europa-Universität Flensburg widerspiegelt."

Die Europa-Universität Flensburg hat am 01.03.2023 die Gartenplastik "Primavera" aus dem Foyer des Gebäudes OSLO abgebaut. Grundlage dafür war ein Präsidiumsbeschluss vom 14.02.2023. Der Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss hatte im Februar den Abbau der Gartenplastik beim Präsidium beantragt.

Hintergrundes Antrags waren Diskussionen im Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss der Universität. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob die Gartenplastik als figürliche Darstellung eines Frauenkörpers an einem so prominenten Ort der Universität richtig platziert sei. Hinterfragt wurde der Zusammenhang von Figur und Ort, nicht die Figur an sich.

Nachdem die Figur abgebaut wurde, veröffentlichte der Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss der Europa-Universität Flensburg am 08.03.2023 folgenden Text in deutscher und englischer Sprache:

"Primavera" (1957, Bronze) von Fritz During, Foyer des Gebäudes OSLO

Mit Beschluss vom 14.02.2023 folgte das Präsidium einem Antrag des Gleichstellungs- und Diversitätsausschusses (GDA) und ließ das Kunstwerk "Primavera" im Foyer des Gebäudes Oslo abbauen. Auf Vorschlag des GDA soll die Statue, eine Leihgabe des Landes Schleswig-Holstein, an den Leihgeber zurückgeführt werden.

Bei der 1957 geschaffenen Statue handelt es sich um eine Allegorie des Frühlings sowie – dies legt der italienische Titel nahe – um eine Bezugnahme auf die Kunstgeschichte. Dargestellt wird eine stehende, nackte Frau mit nach oben gestreckten Armen. Das Werk wurde ursprünglich im Rahmen der Kunst-am-Bau-Förderung in den 1950er Jahren der PH Flensburg in Mürwik zugewiesen und erhielt beim Umzug auf den Sandberg einen prominenten Platz im Foyer des Hauptgebäudes der Universität.

Aufgrund ihrer herausgehobenen Positionierung wirkte die Statue gleichsam wie die "Empfangsdame" der Universität für Studierende, Lehrende und Gäste. Es liegt nahe, diese repräsentative Position als Ausdruck der ästhetischen wie ethischen Werte zu verstehen, mit denen sich die EUF identifiziert. Deshalb ist es legitim und notwendig, das Kunstwerk und die mit ihm – direkt wie indirekt – verhandelten Wertvorstellungen auch in historischer Perspektive kritisch zu hinterfragen. Zudem ist die eigene Ausstellungspraxis, die immer auch selbst Bedeutung stiftet, zu reflektieren. Der GDA kam nach intensiver Diskussion mehrheitlich zu dem Ergebnis, dass das mit der Statue "Primavera" zum Ausdruck gebrachte Frauenbild die gesellschaftlichen Wertvorstellungen der Universität nicht widerspiegelt. Der Verbleib der Statue stünde deutlich im Widerspruch zu dieser Einschätzung.

Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss der EUF, 8. März 2023


"Primavera" (1957, bronze) by Fritz During, foyer OSL- building.

With a decision of February 14, 2023, the Executive University Board adopted a request of the Committee for Equality and Diversity (GDA) and had the artwork "Primavera" in the foyer of the Oslo building be dismantled. At the suggestion of the GDA, the statue, on loan from the state of Schleswig-Holstein, is to be returned to the lender.

The statue, created in 1957, is an allegory of spring and - as the Italian title suggests - a reference to the history of art. It depicts a standing, nude woman with her arms stretched upwards. The statue was originally allocated to the PH Flensburg in Mürwik in the 1950s as part of the Kunst-am-Bau sponsorship and received a prominent place in the foyer of the university's main building when it relocated to Sandberg.

Due to its prominent positioning, the statue acted, so to speak, as the university's "receptionist" for students, lecturers and guests. It is natural to understand this representative position as an expression of the aesthetic as well as ethical values with which the EUF self-identifies. Therefore, it is legitimate and necessary to critically question the artwork and the values that are directly and indirectly negotiated with it, also from a historical perspective. In addition, it is important to reflect upon one's own exhibition practices, given that they always creates meaning by themselves. After an intensive discussion, the majority of the GDA came to the conclusion that the image of women expressed by the "Primavera" statue does not reflect the social values of the university. The location of the statue so far would clearly contradict this assessment.

The EUF Equality and Diversity Committee, March 8, 2023.

Der Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss hat Prof. Dr. Friederike Rückert, Institut für Ästhetisch-Kulturelle Bildung, im Frühjahr 2022 um eine Stellungnahme zum Verbleib der Statue "Primavera" gebeten:

Stellungnahme zum Antrag des Gleichstellungs- und Diversitätsausschusses an den Senat der Europa-Universität Flensburg zum Verbleib der Statue "Primavera" (1957, Bronze, ca. 150 cm) von Fritz During im Eingangsbereich des Gebäudes OSLO

(Stellungnahme vom 9. Mai 2022 in der aktualisierten Fassung vom 1. Juni 2023)

Den Frühling in Personifikation einer Frau in gebärfähigem Alter mit den entsprechenden Proportionen dazustellen ist seit Sandro Botticellis Florentiner "La Primavera" (um 1482) ein "klassisches", wenngleich – zumal 1957 – kein originelles Motiv in der europäischen Kunst. Nun ist es weder dem Künstler noch der Plastik vorzuwerfen, dass sie dem heutigen Wunsch nach einem visuellen Ausdruck von vielfältigen und nicht-stereotypen Genderdarstellungen nicht entspricht. Es handelt sich um eine Allegorie des Frühlings sowie – dies legt der italienische Titel nahe – um eine Bezugnahme auf die Kunstgeschichte. Es geht also weniger um Vorstellungen vom Frausein an sich als vielmehr um eine Auseinandersetzung mit Frühling, Erneuerung (Wiedergeburt, Renaissance) und Kunst.

Dennoch ist es legitim und notwendig, Kunstwerke und die in ihnen – direkt wie indirekt – verhandelten Wertvorstellungen, insbesondere wenn es sich um historische Positionen handelt, kritisch zu hinterfragen und die eigene Ausstellungspraxis, die immer auch selbst Bedeutung stiftet, zu reflektieren.

Das Werk nahm bis vor kurzem einen prominenten Platz im Foyer des größten Gebäudes der Universität ein, und es lag nahe, die gleichsam als "Empfangsdame" wirkende Plastik als Repräsentation der ästhetischen wie ethischen Werte, mit denen sich die EUF darstellen möchte, zu verstehen.

Daher möchten wir empfehlen, die Plastik (eine solide künstlerische Arbeit ihrer Zeit und ihres Entstehungskontextes) zwar weiterhin auf dem Gelände der EUF auszustellen, aber einen weniger zentralen Ort dafür zu wählen. Zudem könnte darüber nachgedacht werden, neben der Plakette mit den Angaben zu Werk und Künstler auch Fragen an das Werk zu formulieren und ebenfalls am Sockel oder in der Nähe anzubringen. Diese könnten das zur Schau gestellte Frauenbild und die Rolle der Kunst in Bezug auf gesellschaftliche Wertvorstellungen problematisieren, ohne vorgefertigte Antworten zu präsentieren, wie das Werk zu deuten oder zu wertschätzen ist. Ein gutes Praxisbeispiel bietet die Hamburger Kunsthalle in ihrem Umgang mit Historienbildern aus dem 19. Jahrhundert, die aktuellen Wertvorstellen nicht entsprechen (https://www.hamburger-kunsthalle.de/ausstellungen/making-history).

i.A. Dr. Eva Pluhařová Grigienė

Fotos von der Gartenplastik "Primavera" zum Download

primavera-oslo-1.jpg

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Gartenplastik "Primavera"

Im Jahr 1956 schuf der Bildhauer Fritz During (1910-1993) die Bronzefigur Primavera, die er als Gartenplastik bezeichnete. In demselben Jahr wurde die Plastik vom Land Schleswig-Holstein erworben und an die damalige Pädagogische Hochschule verliehen. Bis zum Jahr 2002 stand die Figur im damaligen Foyer des Neubaus der Pädagogischen Hochschule in der Mürwiker Straße 77, und seit Ende 2003 steht die Primavera mit einer Unterbrechung von März bis September 2023 im Eingangsbereich des Gebäudes OSLO der Europa-Universität Flensburg.