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Zusammenfassung

Herbivore Arthropoden fungieren als Mediatoren für Effekte entlang der Nahrungskette (trophische Kaskade). Daher spielt Herbivorie eine wichtige Rolle für die Lenkung von Ökosystemprozessen und beeinflusst Struktur sowie Funktionen von Ökosystemen. Die Zusammensetzung der Pflanzengesellschaft entsteht beispielsweise durch kompetitive Interaktion zwischen Pflanzen, die wiederum von herbivoren Arten beeinflusst wird. Der Blattflächenverlust durch Insekten kann einerseits das Wachstum der Bäume reduzieren. Andererseits verändert Herbivorie die Materialflüsse von den Kronen zum Waldboden und erhöht dadurch die Geschwindigkeit des Nährstoffkreislaufs, wodurch die Streuqualität verändert wird (Erhöhung des Stickstoffgehalts).
Klima und Mikroklima können die Physiologie und das Verhalten von Insekten direkt oder indirekt durch klimatisch induzierte Veränderungen der Wirtspflanze beeinflussen. Temperatur entscheidet über die geografische Verbreitung, den Ort und das Timing von Aktivitäten, den Erfolg der Eiablage und des Schlüpfens und die Dauer der Entwicklungsstadien von herbivoren Arthropoden. Die Aktivität der poikilothermen Insekten wächst mit der Temperatur, wodurch die Wachstums- und Konsumraten gesteigert werden. Jedoch vermitteln morphologische und funktionale Blattmerkmale (leaf traits), die die Schmackhaftigkeit der Wirtspflanze bestimmen, indirekte Umwelteffekte auf Herbivorie. Die Schmackhaftigkeit von Blättern wird bestimmt durch Festigkeit, sowie Nähr- und Abwehrstoffe. In warmer Umgebung können dadurch erwartet hohe Raten von Herbivorie durch negative Veränderungen der Blattmerkmale unterdrückt werden.
Mikroklimatische Gradienten existieren entlang der verschiedenen Straten von Waldökosystemen, wodurch sich abiotische Faktoren vertikal zwischen den Waldschichten verändern. Das Mikroklima des vertikalen Waldgradienten ist durch das Lichtregime beeinflusst und äußert sich durch steigende Temperaturen und abnehmende Luftfeuchtigkeit vom Unterwuchs zur Sonnenkrone. Diverse Organismen sind aufgrund der Veränderung der Umweltbedingungen sowie der Qualität und Quantität der verfügbaren Ressourcen entlang des vertikalen Waldgradienten verbreitet. Temperate Laubwälder zeigen hoch stratifizierte Gemeinschaften von Arthropoden mit vertikalen und horizontalen Verteilungsmustern. Mikroklimatische Anforderungen und die Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen können dabei die räumliche Verteilung und Präferenzen von Arthropoden widerspiegeln.
Die vorliegende Dissertation befasste sich mit der Blattherbivorie an Laubbäumen entlang des vertikalen Waldgradienten von temperaten Wäldern. Eine Feldstudie an zehn Waldstandorten in Mitteldeutschland und eine experimentelle Studie in Gewächshäusern adressierten die Effekte von Mikroklima und Blattmerkmale auf Herbivorie. Juvenile und adulte Individuen von Fagus sylvatica L. (Rotbuche) wurden als Hauptuntersuchungsgegenstand ausgewählt und juvenile Individuen von Acer pseudoplatanus L. (Bergahorn) und Carpinus betulus L. (Hainbuche) zusätzlich im Unterwuchs untersucht. Die Analyse von Herbivoriemustern entlang des vertikalen Waldgradienten und deren Abhängigkeit von verschiedenen Herbivoriegilden (Blattfresser, Saftsauger, Minierer und Gallbildner) war Ziel der Studie. Verursachende Faktoren des Mikroklimas und der Blattmerkmale für die Herbivoriemuster sollten identifiziert werden.
Schäden bei F. sylvatica, die durch Blattfressende Insekten verursacht wurden, nahmen vom Unterwuchs zur Sonnenkrone hin parallel zur Veränderung in Richtung ungünstiger Blattmerkmale ab (feste Blätter, niedriger Stickstoff- und hoher Kohlenstoffgehalt). Die Veränderungen der Blattmerkmale entlang der Waldschichten waren in Übereinstimmung mit den Effekten des Licht-induzierten Mikroklimagradienten der Waldbestände. Die Herbivorieunterschiede zwischen den juvenilen Baumindividuen im Unterwuchs, mit höchsten Werten bei A. pseudoplatanus und C. betulus im Vergleich zu F. sylvatica, schienen mit den Mustern von Abwehrstoffen übereinzustimmen. Zusätzlich zeigte die Herbivorie identifizierter Fraßspuren unterschiedliche Präferenzen zwischen juvenile und adulte Individuen von F. sylvatica (Effekt der Pflanzenontogenie). Die Herbivorie von Gallbildenden Arten war bei adulten im Vergleich zu juvenilen Bäumen erhöht. Die Verteilung von Gallen ist verbunden mit der harsh environment Theorie, die auf der top-down Kontrolle durch Prädation beruht.
Die Wahl der quantitativen Messmethode, die sich für verschiedene Gilden unterscheidet, ist essenziell für die Bestimmung und Vergleiche von Herbivorie. Die Herbivoriemuster entlang des vertikalen Waldgradienten stehen in direktem Zusammenhang mit umweltbedingten und ontogenetischen Prozessen und das Mikroklima beeinflusst essenziell die Intensitäten, Muster und Prozesse von Herbivorie. Neben direkten Auswirkungen auf herbivore Arthropoden beeinflusst die Umwelt die Herbivorie durch Effekte auf Blattmerkmale und top-down Kontrolle durch Prädatoren. Die Pflanzenontogenie beeinflusst Herbivorie indirekt durch Veränderungen der Blattmerkmale und top-down Prozesse der Prädation.

Publikationen

05 Stiegel et al. 2020

24.06.2023 3 MB (PDF)

Does the shrub layer act as an intermediary? Effects on abundance of insects and abundances of particular insect orders caught flying in the canopies of deciduous forests in Central Germany.

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04 Stiegel 2018

24.06.2023 14 MB (PDF)

Microclimatic effects on Central European deciduous tree species and their interactions with arthropod herbivory (Dissertation, Universität Hildesheim).

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03 Stiegel & Mantilla-Contreras 2018b

24.06.2023 2 MB (PDF)

Experimental study of environmental effects: leaf traits of juvenile Fagus sylvatica, Acer pseudoplatanus, and Carpinus betulus are comparable to leaves of mature trees in upper canopies

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02 Stiegel & Mantilla-Contreras 2018a

24.06.2023 2 MB (PDF)

Environment vs. plant ontogeny: arthropod herbivory patterns on European beech leaves along the vertical forest gradient of temperate forests in Central Germany.

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01 Stiegel et al. 2017

24.06.2023 2 MB (PDF)

Reading the leaves' palm: leaf traits and herbivory along the microclimatic gradient of forest layers.

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