Einblicke ins zweite Semester

Ein Text von Jula Dannhauer (Studentin im ersten Jahrgang Darstellendes Spiel/Theater)

Moin,

Willkommen bei der Studierendenschaft Theater aus der Schlosstraße.  Bei "Schloss" denkt man gleich an Adel und blaues Blut. Ganz sicher sind wir kein elitärer Verein, aber ganz sicher auch kein durchschnittlicher Studiengang. Oft fühlt sich Theater nicht an wie ein Studium, sondern eher wie Comedy, Selbsttherapie, komische Parallelwelt, Disco und /oder Forschung und ist ganz sicher nichts, was man in einem Satz der Verwandtschaft beim Kaffeetrinken erklären könnte. Theater(pädagogik) ist nicht wie in der Schule die klassische Theater-AG, wo man nur Stücke spielt, sondern eher eine neue Welt, in der man sich erst zurechtfinden und bereit sein muss, über sich selbst viel Neues zu entdecken. Es ist ein toller bewegungsreicher Ausgleich zum sonst so sitzfleischlastigen Unialltag.

Dieses Semester sind wir 30 Studierenden aufgeteilt in zwei Seminargruppen, die sich mit den Themen "Don Kamisi" und "Schamhaft" beschäftigen und thematisch jeweils an eine Flausen-Residenz andocken, die dieses Semester in der Theaterwerkstatt Pilkentafel künstlerisch forschen und dabei gleichzeitig die Impulsgeber für unsere Themen waren. Beide Forschungsgruppen der Pilkentafel, sogenannte Flausenresidenzen, bestehen aus vier Künstler_innen, die für 4 Wochen eine Art Stipendium erhalten, um ohne Druck an diesem Thema arbeiten zu können. Unsere Forschungsgruppen sowie die der Pilkentafel sind quasi parallel laufende Arbeiten am gleichen Thema, in dessen Verlauf wir uns auch begegnen und austauschen.

Im Projekt Don Kamisi gehen wir auf biografische Spurensuche, wir erforschen unsere eigene Migrationsgeschichte und setzten uns mit generationsübergreifenden Erfahrungen in unseren Familien auseinander. Ein Don Kamisi Moment beschreibt, nach dem Vorbild von F.R.David "Words dont come easy, Missverständnisse die zwischen verschieden Individuen in unterschiedlichen Settings entstehen." Ein typischer Don Kamisi Moment besteht im Missverständnis, in der Begegnung und im Austausch miteinander.

Bei "Schamhaft" beschäftigen wir uns mit individuellen Fragestellungen zum Thema "Scham". Innerhalb jeder kleinen 5er Gruppe wechseln sich die Mitglieder wöchentlich ab, um eine Stunde mit ihren dazugehörigen Fragestellungen anzuleiten. Diese unglaublich persönlichen Erfahrungen und Momente, die man mit der Gruppe teilt, schweißen zusammen und kreieren einen "safe space", in dem man sich sicher und geborgen fühlen kann. Niemand ver- oder beurteilt dich und du setzt dich mit Themen auseinander, an die du nie gedacht hättest. Oft kommen wir sogar mit mehr Fragen aus einer Sitzung raus, als wir rein gegangen sind. Aber auch das lernt man anzunehmen und loszulassen: Das Bedürfnis zu einem sinnhaften Endprodukt zu kommen - stattdessen sich frei auf einen Prozess einzulassen. Ganz sicher ist es nicht weniger kraftraubend oder arbeitsaufwendig als andere Studiengänge, aber dafür ganz sicher diverser, freier und selbstreflektierter.