DigCompEdu

Ein Beitrag von Nikolaus Steffen

Der DigCompEdu: Ein Rahmen für die digitalen Kompetenzen von Lehrenden

In einer zunehmend digitalisierten Welt und Bildungslandschaft können die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften als zentrale Voraussetzung für den Erfolg in Lehr-/Lernsituationen angesehen werden. Der DigCompEdu (Digital Competence Framework for Educators) wurde von der Europäischen Kommission entwickelt und 2017 veröffentlicht (Redecker 2017), um einen strukturierten Rahmen zu bieten, der die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften beschreibt und deren Entwicklung fördert. Ziel des Rahmens ist es, Lehrpersonen zu unterstützen, digitale Technologien effektiv zu nutzen, um Lehr-/Lernprozesse zu optimieren und zu verbessern.
Im Dezember 2021 positionierte die Kultusministerkonferenz (KMK 2021) den DigCompEdu innerhalb ihrer ergänzenden Veröffentlichung "Lehren und Lernen in der digitalen Welt". In der Handreichung zum Beschluss wird durch die KMK vorgegeben, dass die Bundesländer die Lehrkräftebildung im Bereich digitaler Kompetenzen am Kompetenzrahmen des DigCompEdu auszurichten haben (vgl. ebd., S. 24).

Relevanz des DigCompEdu

Die zunehmende Integration digitaler Technologien in Bildungsprozesse und -einrichtungen erfordert eine systematische Förderung der digitalen Kompetenzen von Lehrenden. Der DigCompEdu stellt ein Instrument zur Verfügung, das sowohl eine Bestandsaufnahme der bestehenden, personenbezogenen digitalen Kompetenzen ermöglicht als auch Handlungsempfehlungen für deren Weiterentwicklung bietet. Lehrende sind somit in der Lage, den Einsatz digitaler Technologien gezielt zu steuern und ihre Lehr-/Lernmethoden auf die Interessen und Anforderungen der Lernenden anzupassen.
Lernende in allen Formen von Bildungsprozessen können von Lehrenden profitieren, die digitale Werkzeuge effizient einsetzen, da diese den Lernprozess durch interaktive, flexible und individualisierte Ansätze unterstützen. Der DigCompEdu kann damit nicht nur die berufliche Entwicklung von Lehrenden fördern, sondern kann auch zur Verbesserung der Qualität von Bildungsprozessen beitragen.

Konzeptualisierung des DigCompEdu

Der DigCompEdu umfasst sechs zentrale Dimensionen der digitalen Kompetenzen, die Lehrkräfte haben sollten. In der folgenden Grafik sind die sechs Dimensionen mit den ihnen zugeordneten 22 Kompetenzen dargestellt:

Im Folgenden werden die sechs Dimensionen aus der Übersetzung des Goethe-Instituts wie folgt zitiert (2019, S. 13):

  • "Bereich 1: Berufliches Engagement
    Nutzung der digitalen Medien für Kommunikation, Zusammenarbeit und berufliche Weiterentwicklung
  • Bereich 2: Digitale Ressourcen
    Auswahl, Erstellung und Veröffentlichung von digitalen Ressourcen
  • Bereich 3: Lehren und Lernen
    Einsatzplanung und Gestaltung von digitalen Medien beim Lehren und Lernen
  • Bereich 4: Evaluation
    Einsatz von digitalen Technologien und Strategien zur Verbesserung der Leistungsbeurteilung
  • Bereich 5: Lernerorientierung
    Einsatz digitaler Medien zur Differenzierung und Individualisierung sowie zur aktiven Einbindung der Lernenden
  • Bereich 6: Förderung der digitalen Kompetenz der Lernenden
    Den Lernenden ermöglichen, digitale Medien kreativ und verantwortungsvoll zur Information, Kommunikation, Erstellung von Inhalten, zum Wohlergehen und zum Problemlösen zu nutzen"

Das DigCompEdu-Progressionsstufenmodell

Innerhalb des DigCompEdu wird ein sechsstufiges "Progressionsstufenmodell" vorgestellt, anhand dessen die einzelnen Kompetenzen von Lehrenden in sechs "Professionalisierungsstufen" vom/von der Einsteiger/-in bis zum/zur Vorreiter/-in beschrieben werden können (s. folgende Abb.). Diese sechs Stufen lehnen sich an den "Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen" (GER) von A1 bis C2 an.

Die zuvor benannten sechs Stufen von A1 bis C2 werden wie folgt auf den DigCompEdu übertragen (Redeker 2018, S. 35):

  • "Einsteigerinnen und Einsteiger (A1)
    haben noch nicht wirklich angefangen, digitale Medien im Unterricht einzusetzen.
  • Entdeckerinnen und Entdecker (A2)
    haben digitale Medien in einigen Bereichen bereits eingesetzt, ohne jedoch einen umfassenden oder konsistenten Ansatz zu verfolgen.
  • Insiderinnen und Insider (B1)
    experimentieren mit digitalen Medien in einer Vielzahl von Kontexten, für verschiedene Zwecke, und integrieren sie in viele Ihrer Praktiken.
  • Expertinnen und Experten (B2)
    wählen gezielt digitale Medien für bestimmte Situationen aus und versuchen, die Vor- und Nachteile zu verstehen.
  • Leaderinnen und Leader (C1)
    verfolgen einen konsistenten und umfassenden Ansatz, auf Basis eines breiten Repertoire an digitalen Strategien. Sie wissen genau, wie sie das für die jeweilige Situation am besten geeignete Medium auswählen.
  • Vorreiterinnen und Vorreiter (C2)
    experimentieren mit hochinnovativen digitalen Medien und/oder entwickeln neuartige didaktische oder methodische Ansätze."

In der folgenden Tabelle werden die einzelnen Kompetenzstufen innerhalb der Kompetenzbereiche des Kompetenzrahmens genauer beschrieben (Abb. aus Goethe-Institut 2019, S. 24):

Anwendung des DigCompEdu in der Aus- und Weiterbildung von Lehrenden

Nach Vorgabe der KMK (2021, S. 24) soll der DigCompEdu in die Aus- und Weiterbildung von Lehrenden integriert werden, um deren digitalen Kompetenzen systematisch zu fördern und auszubauen. Dazu sollten spezifische Bildungsmaßnahmen entwickelt werden, die den Lehrenden - auch angehenden - helfen, ihre digitalen Kompetenzen zu erweitern und die Qualität und Nachhaltigkeit von Lehr-/Lernsituationen zu sichern und ggf. auch zu steigern. Der DigCompEdu bietet eine fundierte Grundlage, um den digitalen Wandel in Bildungsprozessen von Lehrenden zu gestalten und eine kohärente digitale Strategie zu entwickeln.

Fazit

Der DigCompEdu stellt einen integralen Bestandteil der digitalen Bildungsstrategie Europas dar: Einerseits bietet er Lehrenden eine Orientierung, um ihre persönlichen digitalen Kompetenzen gezielt zu entwickeln und Lehr-/Lernprozesse an die Anforderungen einer digitalisierten Gesellschaft anzupassen. Anderseits können mit Hilfe des DigCompEdu gezielt Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrende weiterentwickelt und durchgeführt werden. In einer Zeit, in der digitale Technologien eine immer größere Rolle im Bildungsbereich spielen, ist der DigCompEdu ein wichtiges Werkzeug zur Sicherstellung der Lehr- und Lernqualität und zur Förderung von Lehr- und Lernkompetenzen im digitalen Bereich. (NST)

Weiteres

Der DigCompEdu erklärt von Christine Redecker auf Youtube (6:51 min)
https://www.youtube.com/watch?v=5KHUFPpW1IY

Die im Video skizzierten und in Aussicht gestellten "Evaluationstool" für Bildungseinrichtungen und auch für die persönliche Kompetenzeinschätzung von Lehrenden sind:

1. SELFIE for Schools
   https://education.ec.europa.eu/de/selfie

2. SELFIE for TEACHERS
   https://education.ec.europa.eu/de/selfie-for-teachers

Literatur

Goethe-Institut 2019: Europäischer Rahmen für die digitale Kompetenz Lehrender (DigCompEdu). Übersetzung von Redecker 2017 durch das Goethe-Institut.
https://www.goethe.de/resources/files/pdf288/digcompedu_german_final.pdf

KMK 2021: Lehren und Lernen in der digitalen Welt: Ergänzung zur Strategie der Kultusministerkonferenz "Bildung in der digitalen Welt".
https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2021/2021_12_09-Lehren-und-Lernen-Digi.pdf

Redecker 2017: European Framework for the Digital Competence of Educators:
DigCompEdu. Punie, Y. (ed). EUR 28775 EN. Publications Office of the European Union, Luxembourg.
https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC107466

Redecker 2018: DigCompEdu: Der europäische Kompetenzrahmen für die digitale Kompetenz Lehrender. Joint Research Centre (JRC).
https://joint-research-centre.ec.europa.eu/system/files/2018-11/digcompeduorg-de-2018-11_16-9new.pdf