Termine des Projekts ViNoRHM

Aus dem Gästebuch eines nordfriesischen Gasthofs: Regionale Mehrsprachigkeit im Herzogtum Schleswig


Universität Passau

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Dr. Samantha M. Litty und das Team zum Ranzelberger Gästebuch Projekt reisen nach Passau um an der Jahrestagung der Gesellschaft für Germanistische Sprachgeschichte (GGSG) teilzunehmen. 

Aus dem Gästebuch eines nordfriesischen Gasthofs: Regionale Mehrsprachigkeit im Herzogtum Schleswig

Samantha M. Litty / J. Momme Penning / Ilka Thomsen / Andre Hermann

Europa-Universität Flensburg

Das Ranzelberger Gästebuch wurde dem Wirt des legendären Gasthauses "Petersburg" zu Weihnachten 1834 von Seminaristen des Tonderaner Schullehrerseminars geschenkt. Das Wirtshaus lag am westlichen Ochsenweg bei Leck, an der Reiseroute vieler Seminaristen nach Tondern. Über mehrere Jahrzehnte trugen sich Generationen von ihnen mit Namen, Aphorismen und kleinen Texten in das Buch ein und geben so einen Einblick in eine alltägliche, teilöffentliche Mehrsprachigkeit der Region im 19. Jahrhundert. 

Der kulturhistorische Wert des Gästebuchs wurde bereits früh erkannt, und einige geschichtswissenschaftliche Veröffentlichungen haben sich mit ihm beschäftigt. Insbesondere die Tatsache, dass das Buch mehrere Einträge aus der Seminaristenzeit des bedeutenden niederdeutschen Schriftstellers Klaus Groth enthält, fand in der Forschung Beachtung (Petersen 1913; Ketelsen 1968; Gondesen 1985; Raloff 2020). Neben dem kulturgeschichtlichen Wert, der sich erst nach der vollständigen Transkription und Herausgabe vollständig erschließen wird, (Litty et al, 2024), ist diese Quelle auch von hohem soziolinguistischen Wert, etwa im Rahmen der Erforschung historischer Mehrsprachigkeit im Rahmen einer regionalen Sprachgeschichte.

Aus der Zeit von 1834 bis 1888 finden wir auf mehr als 400 Seiten rund 1.000 Einträge von gut 250 Schreibern. Meist sind es kurze Aufzeichnungen zu Namen, Herkunftsort und Reiseziel, oft werden diese durch Lieder, Reimpaare, Zitate oder Trinksprüche bereichert, festgehalten  in den verschiedenen allochthonen und autochthonen Sprachen der Region. Auch andere Durchreisende – Seeleute oder Viehtreiber – trugen sich in das Gästebuch ein, was von den Seminaristen allerdings nicht selten durchgestrichen, verbessert oder mit spitzer Feder kommentiert wurde.

        Dank der wiederkehrenden spezifischen Formulierungsmuster sind für die meisten Einträge vergleichbare Daten vorhanden, wodurch wir nicht nur Informationen über die verwendete Schriftsprache, sondern auch über die Schreiber selbst haben. Die meisten Einträge sind auf Hochdeutsch geschrieben, es finden sich daneben aber auch solche auf Dänisch, außerdem wurden Niederdeutsch und Friesisch als ergänzende Sprachen genutzt. Neben den regionalen Sprachen greifen die Seminaristen auch auf akademische Sprachen wie Latein, Französisch und Hebräisch zurück.

In diesem Vortrag berichten wir über einzigartige Besonderheiten des Gästebuches und zeigen, wie auch kurze, formelhafte Einträge die regionale Sprachgeschichtsschreibung unterstützen und bereichern können.  

Literaturverzeichnis

Gondesen, Hans Werner (1985): Das Tonderaner Schullehrerseminar. In: Jahrbuch für die Schleswigsche Geest (33): 129-159.

Ketelsen, Broder (1968): Das Gästebuch vom Ranzelberg (Petersburg): ein Zeitdokument. In: Jahrbuch für die Schleswigsche Geest (16): 129-143.

Petersen, Matthias (1913): Aus dem Ranzelberger Fremdenbuch. In: Die Heimat (2/23): 49-53.

Raloff, Wolfgang (2020): Das Ranzelberger Gästebuch. In: Niebüller Geschichtsblätter (4): 23-48.

Riecken, Claas (2018): "Bei Peter haben wir Nachtquartier": Das Ranzelberger Gästebuch von 1834 bis 1888. In: Nordfriesland (204): 24-27.

Veranstaltungsort

Name
Universität Passau
Ort
94032 Passau
Homepage
https://www.geku.uni-passau.de/deutsche-sprachwissenschaft