Begleitet Annika auf ihrer Reise nach Südamerika! - Eine Miniserie

Das bin ich:

Hi, mein Name ist Annika. Ich bin eine der wissenschaftlichen Hilfskräfte im Projekt von Partners in Mobility und studiere Grundschullehramt. Zwischen meinem Bachelor und meinem Master mache ich nun mein Auslandspraktikum in Chile. Du liebst das Reisen genau so sehr wie ich und möchtest mehr darüber erfahren? Du weißt noch nicht, ob du dir einen Auslandsaufenthalt zutraust? Dann bist du hier genau richtig!

Spontan? Das bin ich!

Moin zusammen!
Ich bin Annika und ich werde die nächsten Monate ein Praktikum an einer deutschen Auslandsschule machen. Bisher habe ich Grundschullehramt auf den Bachelor in Flensburg studiert, schreibe gerade an meiner Bachelorarbeit. Und in 22 Tagen geht es für mich von der Flensburger Förde zu einer Millionenstadt im Herzen Chiles ans Ende der Welt, 12.000km entfernt. Der Gedanke ist immer noch total unglaubwürdig!

Das war ehrlich gesagt eine ziemlich spontane Entscheidung. So eine drei-Uhr-nachts-mal-sehen-was- dabei- rauskommt- Entscheidung. Und als dann die Zusage kam, zwei Tage später, da war mir klar, dass ich das nicht ablehnen kann. Und dass ich dann eben mit 22 für ein paar Monate nach Chile ziehen werde. Das ist ein Vorsatz, dem ich beschlossen habe zu folgen: Lieber das bereuen, was man getan hat, als bereuen, es nicht versucht zu habe.

Ich habe lange überlegt, wie ich die Zeit zwischen meinem Bachelor und Master am besten
nutzen kann. Im Bachelor habe ich ein Semester länger studiert und im Frühling kann man den Master nun mal nicht beginnen. Ein Auslandspraktikum war eine Idee, eine Freundin von mir hatte das letztes Jahr bereits gemacht und hatte mir von Stipendien berichtet. Nachdem ich mit Erasmus+ bereits im Ausland war, was mir total gut gefallen hat, wollte ich noch einmal weg. Außerhalb von Europa, die Frage war immer wann und nicht ob. Das war eigentlich für das Praxissemester geplant, aber wie gesagt, es war sehr spontan, bereits jetzt schon zu gehen. Ein Auslandspraktikum war für mich deswegen lockend, weil es die Möglichkeit gibt, ein anderes Land noch mal ganz anders zu erkunden, wichtige Dinge für meine Zukunft als Lehrerin mitzunehmen, mich weiterzuentwickeln und dabei die Welt zu sehen. Und das Ganze eben auch mit einem Stipendium, was alle Kosten übernimmt!

Deutsche Auslandsschulen gibt es quasi in jedem Land der Welt bzw. eigentlich fast immer in Großstädten. Sie sind primär deutschsprachig, es gibt aber auch Fächer in der einheimischen Sprache (also bei mir dann Spanisch) und bilingualen Unterricht. Auch die Kinder kommen sowohl aus chilenisch-deutschen Familien, sind Kinder deutscher Einwanderer oder auch einfach chilenische Kinder, deren Eltern kaum eine Bindung zu Deutschland haben, aber die Bildungschancen der Kinder verbessern wollen. Es handelt sich hierbei um Privatschulen, das heißt Eltern zahlen monatliches Schulgeld – was übrigens auch wirklich teuer ist, vor allem im Vergleich zu landesüblichen Gehältern.

Für mich kamen anfangs einige Schulen infrage – primär haben mich aber Südamerika und Namibia angesprochen. Ich spreche durch mein Auslandssemester in Spanien bereits Spanisch, was natürlich vieles einfacher macht. Mich hat die Geschichte, Kultur und Landschaft total interessiert und es ist einfach eine tolle Möglichkeit, mein Spanisch weiterhin zu verbessern. Chile war mein Favorit – es ist vergleichsweise sehr sicher und hat eine wunderschöne und abwechslungsreiche Landschaft von Gletschern im Süden bis zur Wüste im Norden (die übrigens den klarsten Sternenhimmel der Welt hat!).

Der Plan ist aktuell, Anfang Februar nach Südamerika zu fliegen, ein bisschen zu reisen – Patagonien, Buenos Aires und noch andere Dinge stehen auf der Liste – und dann in Santiago mein dreimonatiges Praktikum zu starten. Ich freue mich sehr auf all diese Erfahrungen und lade euch ein, mich auf diesem aufregenden Weg zu begleiten!

Bis bald,

Annika

Der Countdown läuft - letzte Vorbereitungen.

Moin zusammen! 

Jetzt geht es schon bald los in mein Südamerika-Abenteuer! Wenn man für ein halbes Jahr ans Ende der Welt zieht, muss man vorher natürlich einiges vorbereiten. Dazu gehören beispielsweise Dokumente wie ein Visum besorgen, Flüge buchen, Krankenversicherung, Wohnungsfindung im Ausland oder auch die Überlegung, was man mit seinem Zimmer macht. Da ich in einer WG wohne, habe ich mich dazu entschlossen, auszuziehen und meine Sachen bei meinen Eltern zu lagern. Alternativ könnte man sich natürlich einen Untermieter suchen. Also bei WG-Gesucht eine Anzeige reinsetzen oder sich an das IC wenden – es gibt immer Erasmusstudenten, die nur für ein Semester ein Zimmer suchen und denen dein Zimmer dann vermittelt werden kann. In Chile habe ich auch schon ein Zimmer gefunden – so etwas findet man gut über Facebook, Instagram, Bekannte von Bekannten vor Ort oder über Plattformen wie WG gesucht. Auf studieren weltweit gibt es auch einige Tipps dazu. 

Was das Visum angeht, haben deutsche Staatsangehörige 90 Tage visafreien Aufenthalt in Chile. Mein Praktikum geht drei Monate (genauer gesagt 91 Tage), die 90 Tage gehen allerdings wieder von vorne los, wenn man das Land verlässt und neu einreist. Ich habe deswegen kein Visum, sondern werde in den Osterferien das Land verlassen und erneut einreisen. So kann man theoretisch 180 Tage bleiben. Für die Einreise nach Chile benötigt man einen Reisepass. Falls man den noch nicht hat, beantragt man ihn ganz normal im Bürgerbüro (für 70 Euro ab 24 Jahren, jüngere Personen zahlen nur 37 Euro. Der Pass ist dann sechs bzw. zehn Jahre gültig). Mehr Infos hier:

Eine andere Sache ist natürlich Impfungen. Dazu bin ich zur reisemedizinischen Impfberatung gegangen. Bei manchen Ländern sind Impfungen zur Einreise verpflichtend, das ist bei Chile zum Glück aber nicht der Fall. Die Ärzte dort empfehlen also Impfungen, die Entscheidung liegt aber zu 100% bei dir. Das hängt vor allem von der Region ab, Kontakt zu Tieren, Wohnsituation etc. Generell wird für Südamerika Hepatitis A und Gelbfieber empfohlen. Das unterscheidet sich aber je nach Region – manchmal benötigt man zum Beispiel auch Denguefieber-Impfungen. Mein Arzt hat mir außerdem zu Impfungen gegen Tollwut, Meningokokken und Typhus geraten. Deutsche Krankenkassen übernehmen glücklicherweise in den meisten Fällen die entstandenen Kosten (oder mindestens zu 80%)! Nachlesen kann man landesspezifische Hinweise zur Gesundheit, aber auch zu Einreisebeschränkungen, Kriminalität und zur innenpolitischen Lage unter diesem Link.

Zusätzlich wird auch empfohlen, sich auf der Krisenvorsorgeliste der Bundesregierung zu registrieren. So kann einem bei Krisen oder anderen Notfällen durch das Auswärtige Amt vor Ort geholfen werden. Da Chile beispielsweise ein hohes Risiko für Erdbeben hat, habe ich mich hier registriert.

Für mein Semester in Chile habe ich noch andere Dinge benötigt wie einen Adapter zum Beispiel. Zusätzlich habe ich auch noch eine zweite Powerbank gekauft – denn was gibt es Schlimmeres, als im Ausland ohne Akku festzustecken? Eine andere Anschaffung war ein Rucksack – denn für mich geht es vor dem Praktikum erst zum Karneval nach Brasilien und dann über Buenos Aires und Uruguay zum Backpacken nach Patagonien. Ich werde erst im argentinischen Teil sein, dann im chilenischen und dann nach Feuerland reisen – Ushuaia, die südlichste Stadt der Welt und das Tor zur Antarktis. Dazu aber später mehr! Solche Reisen muss man natürlich vorher buchen, eine Route planen etc. Ich reise somit vier Wochen vor Praktikumsbeginn bereits nach Südamerika. 

In neun Tagen geht es los!
Bis bald,

Annika 

It's All About the Money...

Moin zusammen, 

in drei Tagen geht es schon für mich los! Mein nächster Beitrag geht heute um ein sehr wichtiges Thema – Finanzen. Ein Auslandspraktikum oder Auslandssemester kann leider schon teuer werden, vor allem wenn noch teure Flüge dazukommen. Zum Glück gibt es aber genügend Stipendien, über die ich euch hier einen Überblick geben möchte: 

Lehramt international: 

Das ist das Praktikum, das ich erhalte! Für die Bewerbung muss man bereits einen Praktikumsplatz nachweisen können. Die Zusage erfolgt allerdings relativ spät – ich hatte im März die Zusage für das Praktikum, die Bewerbungsfrist war Ende Oktober und die Zusage kam im Dezember. Das liegt an verschiedenen Bewerbungsfristen, je nach Praktikumsstart. Mein Praktikum beginnt zum 01.03, das heißt, man weiß relativ spät, ob es klappt. Für die Bewerbung muss man unter anderem ein Motivationsschreiben und bisherige Noten einreichen. Es ist allerdings wichtig, sicherzustellen, ob die Dokumente vollständig sind – nach Abgabe kann man das nämlich nicht mehr ändern. Das Stipendium beinhaltet eine monatliche Stipendienrate (950-1550 Euro), die Höhe variiert je nach Land. Das kann man hier berechnen. Dazu kommt eine Versicherung eine Pauschale für die Reise. 

Mehr Infos hier und bei kathrin@wild.uni-flensburg.de

Erasmus+:

  • Bedingung: alle Studiengänge, EU-Ausland + Partnerländer 
  • mindestens zwei Monate bis zu einem Jahr 
  • Stipendienrate zwischen 490 und 600 Euro/ Monat je nach Land 
  • Aufstockung bei besonderen Hürden wie Mobilitätseinschränkungen, Erstakademikern und Pflege von Angehörigen 
  • Bewerbung über die Uni 

·      mehr Infos: hier und unter outgoing-TextEinschliesslichBindestricheBitteEntfernen-@uni-flensburg.de und anna-TextEinschliesslichBindestricheBitteEntfernen-@lambert.uni-flensburg.de

PROMOS:

·      Bedingung: Man muss eingeschrieben sein, außereuropäisch anwendbar

·      mindestens ein Monat, maximal sechs Monate 

·      Stipendienrate: 350-550 Euro

·      Bewerbung über die Hochschule

·      Pauschale für die Reise inklusive 

·      mehr Infos: hier und bei dagmara.paciorek-herrmann-TextEinschliesslichBindestricheBitteEntfernen-@uni-flensburg.de

Deutsch-Französisches Jugendwerk:

  • für Bachelor, Masterstudierende und Referendare 
  • nur für Schulpraktika in Frankreich 
  • Pauschale für die Reise inklusive 
  • mehr Infos

Auslands-BAföG:

·      Praktikum: soll Pflichtbestandteil des Studiums sein

·      mindestens 12 Wochen, maximal ein Jahr 

·      min. sechs Monate vorher bewerben

·      Förderung auch möglich, wenn man in Deutschland kein BAföG erhält 

·      Hin- Und Rückfahrtspauschale von 250 Euro/ Europa und 500 außerhalb

·      Achtung: die Hälfte muss zurückgezahlt werden 

·      mehr Infos

Es ist gar nicht so kompliziert, wenn man sich da ein bisschen einliest. Ansonsten kann euch unser Team im Internation Center (in Helsinki, wenn man reinkommt links) auch sehr gut beraten!

Bis bald, 

Annika

Finanzierungsmöglichkeiten des Praxissemesters im Ausland

Für weitere Informationen hänge ich dir unten stehend eine Präsentation zur Finanzierung von Auslandspraktika an. Wenn du auch Lust auf ein Auslandspraktikum hast, dann findest du dort wichtige erste Informationen. 

https://www.uni-flensburg.de/fileadmin/content/portal/international/bilder/ins-ausland-gehen/info-finanzierung-auslandspraxissemester-2023-24-20230921.pdf

Erste Erlebnisse und ein paar praktische Tipps...

Hallo zusammen! 

Ich bin nur inzwischen schon seit drei Wochen in Südamerika unterwegs! Meine Reise begann mit einem einwöchigen Aufenthalt in Brasilien. Die Reise dorthin war zum Glück gar kein Problem, mein Gepäck wurde von Hamburg aus automatisch nach Brasilien weitergeleitet. Für die meisten Flüge nach Südamerika muss man in Spanien (Madrid primär) umsteigen, das habe ich auch so gemacht und bin dann nach weiteren 10h 30 in Brasilien gelandet. Dort konnte ich mich schon mal an den Sommer gewöhnen - von 5°C und Regen in Flensburg zu 37°C in Sao Paulo! Das ging deutlich leichter als gedacht, die Zeitzonenumstellung war allerdings sehr seltsam. Ich hatte einen Nachtflug und bin um 5 Uhr morgens brasilianischer Zeit gelandet, bin dann um 19 Uhr eingeschlafen und um 3 Uhr morgens aufgewacht. Das sind 4h Unterschied, also wir liegen vier Stunden hinter Deutschland.

 Nach dieser einen Woche bin ich dann nach Santiago de Chile geflogen, das war ein weiterer vierstündiger Flug. Für die Einreise nach Chile benötigt man ein sogenanntes SAG Dokument zu eingeführten Gütern, was online ausfüllt und dort vorzeigt wird. Das liegt daran, dass Chile bestimmte Fliegenarten beispielsweise nicht hat und seine Pflanzen schützen möchte. Sie sind deswegen extrem strikt mit der Einfuhr von pflanzlichen und tierischen Produkten. Wenn man das SAG falsch ausfüllt, drohen Bußgelder, weswegen sich hier nachfragen lohnt. Außerdem wurde ich lange befragt, was ich in Brasilien gemacht habe, warum ich als Deutsche mit dem Flug aus Brasilien kam und wo genau ich in Chile was tun werde. Das war auf Spanisch schon eine Herausforderung, aber ich war auch sehr stolz, so eine Befragung auf Spanisch gemacht zu haben. Und kaum dachte ich, ich könnte nun endlich einreisen, wurde auch mein Koffer für weitere Untersuchungen ausgewählt, weil ich Honig dabeihatte und das nicht erlaubt ist. Die Beamten da waren aber total nett und ich musste nicht extra bezahlen - würde mich aber definitiv besser informieren beim nächsten Mal!!!

Santiago ist mit acht Millionen Einwohnern die größte Stadt, in der ich je gelebt habe - und das wird auch schnell sichtbar. Es ist einfach extrem voll, vor allem im Zentrum. Mir wurde gleich erklärt, dass man hier den Rucksack besser vorne trägt und keine teuren Handys oder Schmuck zeigt. Auch in der Metro wurde mir das bald klar - viele tragen den Rucksack vorne, nutzen aber auch ihre Handys. Ist viel los, gibt es auch viele Taschendiebe. Metros sind aber generell sicherer als Busse, weil sich dort viel Sicherheitspersonal befindet. Beispielsweise wurde mein Rucksack schon auf dem Weg vom Flughafen von jemandem im Gedränge der Metrostation geöffnet - geklaut wurde nichts, es war aber trotzdem einschüchternd. Bei Wohngegenden finde ich es auch auffällig, wie viele Menschen in gated communities leben, also extra eingezäunte Wohngegenden, wo man nur als Anwohner reinkommen kann. Bei meinem Haus beispielsweise muss ich erst durch einen hohen Zaun durch, zur Security und dann zu meiner Wohnung. Das ist anfangs etwas beängstigend und verwirrend, man gewöhnt sich aber sehr schnell dran! Meine Kommune ist eine der sichersten, wo man gut alleine im Dunkeln laufen kann und dann gibt es eben andere, die man definitiv vermeiden sollte. Generell setze ich mich jetzt mit ganz anderen Fragen auseinander – kann ich das Leitungswasser trinken (die Antwort ist in Chile tatsächlich meistens ja), wie komme ich von A nach B ohne Busfahrplan oder wie koche ich mit Gas? 

Was bei mir sonst noch anstand, waren drei Dinge: Eine Metrokarte besorgen, eine eSIM-Card holen und chilenisches Essen probieren (darüber kommt aber noch ein separater Post). Hier wird bip genutzt, das ist eine Karte, die für Bus (hier micro genannt) und metro nutzbar ist. Leider gibt es keine Monatskarten, man lädt sie also mit Geld auf und das wird dann bei Fahrten abgebucht. Je nach Tageszeit kostet eine Fahrt verschieden viel, ungefähr mit 700 CLP, das sind etwa 70ct, kann man pro Fahrt rechnen. Klingt erstmal nach wenig, da kommt aber bei täglichem Gebrauch auch etwas zusammen. Wenn man hier aber beispielsweise ein Auslandssemester an einer Uni macht, bekommt man noch extra Rabatt (50%). 

Ich habe mir eine latam eSIM geholt, die also in ganz Lateinamerika nutzbar ist. Das war für zwei Wochen mit 3gb 20€, weil ich noch vor Praktikumsbeginn auf Reisen gehe und das am einfachsten und unkompliziertesten war. Nachdem ich wieder in Santiago angekommen war, habe ich mir dann eine chilenische Simcard geholt - das war überraschend einfach und sehr günstig! Ich bezahle für 1000 Freiminuten und 150gb monatlich 13 Euro. 

Jetzt warte ich ganz gespannt auf meinen ersten Schultag und nutze die Zeit, um mein neues Zuhause besser kennenzulernen. 

Bis zum nächsten Mal!

Eindrücke der ersten Schulwoche...

Hallo zusammen, 

diese Woche war meine erste Schulwoche. Ich bin am Montag sehr aufgeregt an der Schule angekommen. Die deutsche Schule Santiago besteht generell aus drei verschiedenen Standpunkten – der Grundschule im Stadtteil Vitacura sowie dem Kindergarten und der weiterführenden Schule in Las Condes. Als Grundschullehramtsstudentin bin ich nach Vitacura gefahren, allerdings ist der Schulleitung ein Fehler unterlaufen und ich bin in der 9. und 10. Klasse in Las Condes mit Chemie und Biologie eingeteilt gewesen. Die beiden Standpunkte liegen aber nur etwa 10 Minuten auseinander, sodass ich dann zur weiterführenden Schule geschickt wurde. Dort habe ich dann den ersten Tag verbracht und bin seitdem an der Grundschule. In Chile sind die Sommerferien gerade vorbei, ich bin also kurz nach dem Schuljahresstart hier angekommen. 

An der weiterführenden Schule haben die Schüler in der ersten Stunde Memes zu Klassenregeln erstellt – das ist typisch chilenisch, es gibt ständig Memes zu allen möglichen Themen. Was ich auch sofort gemerkt habe – die Schulen haben hohe Zäune und Sicherheitspersonal, das dauerhaft die Eingänge bewacht. Teilweise stehen dort auch Polizisten, die die Sicherheit der Schüler zusätzlich gewährleiten. Dort muss man sich ausweisen und seine Reisepassnummer angeben. Generell wird das hier häufig angegeben, beispielsweise als ich meine eSIM-card geholt habe (also keine physische Simcard). Die Schüler tragen außerdem alle Uniform. In der ersten und zweiten Klasse wird die Sportuniform im Unterricht getragen, das sind blau-weiße Shirts und die Hose dazu. Alle haben das Schullogo mit der Aufschrift "Deutsche Schule Santiago". Die älteren Kinder tragen andere Kleidung im Unterricht, Mädchen tragen weiße Blusen und graue Faltenröcke und Jungen ein weißes Hemd mit einer grauen Anzugshose. Sogar die Socken und Jacken gehören zur Uniform dazu. Einmal monatlich gibt es einen sogenannten "bunten Tag", bei dem die Kinder gegen einen kleinen Betrag Alltagskleidung tragen dürfen. Das dabei eingenommene Geld wird als Förderung von bspw. Klassenfahrten genutzt. 

Für den Schulbesuch muss man sich bewerben, danach erfolgt ein Reifetest. Alles ist gebührenpflichtig, die Bewerbung kostet 50 Euro, Eintritt in die Schule etwa 2.000 und dann jedes Schuljahr etwa 7.000 Euro. Die Kosten variieren abhängig von Klassenstufe und beispielsweise Geschwisterkindern, viel Rabatt gibt es da allerdings nicht. Dazu kommen dann Kosten für Schuluniform, Mittagessen und beispielsweise andere Aktivitäten. Der Schulbesuch ist also sehr teuer, allein der Unterricht kostet fast 700 Euro monatlich (Sommerferien ausgenommen). Das Durchschnittseinkommen in Chile ist nur etwas höher (verschiedene Quellen nennen Beträge zwischen 600 und 700 Euro), wodurch sich nur sehr wohlhabende Menschen diese Schule leisten können. Generell ist die Qualität der Bildung an staatlichen Schulen in Chile sehr niedrig, wodurch jeder, der sich das leisten kann, seine Kinder an eine Privatschule schickt. 

Auffallend fand ich auch die Anzahl der Stunden. So sind zehn Stunden Tage für Erstklässler keine Besonderheit, meine fünfte Klasse hat sogar Tage mit elf Stunden Unterricht. Das liegt daran, dass man sich sowohl an chilenische als auch an deutsche Vorgaben halten muss. Es werden beispielsweise noch andere Fächer wie Psychomotorik unterrichtet sowie Deutsch und Spanisch beide als Muttersprachen, was natürlich zu einer höheren Stundenanzahl führt. Die Pausen sind dabei nach der dritten, fünften, siebten und neunten Stunde. Außerdem gibt es allein an der Grundschule sechs fest angestellte Psychologen. 

Die meisten Kinder kommen aus chilenischen Familien und sprechen bei Schulbeginn kein Deutsch, nur wenige kommen aus deutsch-chilenischen Familien. Ich bin deswegen sehr dankbar, Spanisch zu sprechen. Denn selbst wenn die Kinder Deutsch verstehen oder sprechen können, sprechen sie fast nur Spanisch mit den Lehrkräften. Diese sprechen auch alle fließend Spanisch, die meisten unterrichten allerdings auf Deutsch. Das macht den Unterricht etwas komplizierter, weil viel differenziert werden muss und Kinder nicht entmutigt werden sollen. Das Deutschniveau ist auch in höheren Stufen sehr niedrig. Das ist jedoch nicht an jeder deutschen Schule so. Ich war beispielsweise schon mal an einer deutschen Auslandsschule, wo ich die Landessprache nicht sprach und dort war das Deutschniveau viel höher. Die Kinder merken schnell, welche Sprachen man spricht und was man versteht. Ansonsten helfen Gesten auch sehr viel. Lass euch also nicht deswegen davon abhalten!

Bis zum nächsten Mal! 

Das System deutsche Auslandsschule

Hallo zusammen, 

heute geht es um deutsche Auslandsschulen – die Funktion, den Aufbau und welche Möglichkeiten ihr habt. 

Ein Ansprechpartner ist hierbei die Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA). Diese vermitteln Lehrkräfte an deutsche Auslandsschulen (DAS), bieten Fort- und Weiterbildungen an und kümmern sich um den Bewerbungsprozess. Das gilt allerdings nur für Lehrkräfte, Lehramtsstudenten bewerben sich direkt bei der Schule. Je nach Schultyp kommen für Euch verschiedene Fördermöglichkeiten in Frage. Beispielsweise ist das PROMOS-Stipendium nicht für alle Schultypen anwendbar. Erkundigt euch da unbedingt vorher, was in Frage kommt. Meldet euch dazu gerne einmal im IC. Hier findet ihr eine Weltkarte sowie Kontaktdaten von allen deutschen Schulen im Ausland. Dazu gibt es auch zahlreiche Erfahrungsberichte von Lehrkräften im Ausland.

Die DAS sind dabei interessant für deutsche Familien im Ausland, Lehrkräfte, die ins Ausland gehen können und dabei weiterhin ihren Beruf ausüben möchten oder auch Eltern, die ihren Kindern eine Bildung von hoher Qualität mitgeben möchten. Staatliche Bildung ist in Chile von sehr schlechter Qualität, weswegen Privatschulen bevorzugt werden. Insgesamt fördert die Bundesregierung 135 DAS. Diese Schulen werden alle fünf Jahre besucht, um ihr Siegel zu erneuern und weiterhin Förderung zu erhalten. Hier können Schüler das internationale deutsche Abitur machen und somit auch an deutschen Universitäten studieren. Es sind meistens Privatschulen, an denen primär auf Deutsch, aber auch auf der Landessprache unterrichtet wird. Insgesamt besuchen etwa 83.000 Schüler und knapp 8.400 Lehrkräfte an den DAS.  Hier findest du eine Übersicht der Schulen. 

Wie kommt man nun an eine Stelle? Es gibt diverse Möglichkeiten, als Lehrkraft ins Ausland zu gehen. Man bewirbt sich entweder über das ZfA oder direkt an einer Schule. Für beamtete oder unbefristet angestellte Lehrer passt die Auslandsdienstlehrkraft (ADLK) am besten. Hierbei ist man quasi vom deutschen Schuldienst beurlaubt, d.h. die Landesschulbehörde muss einen freistellen. Das Gehalt erfolgt dann in Euros. Die deutsche Auslandsschule erhält vom ZfA dann Vorschläge von Bewerbern und sucht sich jemanden aus, der befristet auf maximal sechs Jahre in der Schule arbeitet. Danach muss man für drei Jahre wieder in den innerdeutschen Schuldienst, bevor man wieder ins Ausland als ADLK gehen kann. Als Bewerber hast du immer die Möglichkeit, eine Stelle auch abzulehnen. Wenn du dir noch unsicher bist, was für dich in Frage kommt – schau dir gerne den Selbsttest hier an. Dort siehst du noch einmal eine Übersicht der Karrierechancen. 

Außerdem gibt es die Bundesprogrammlehrkraft (BPLK). Das eignet sich besonders für Lehrkräfte ohne feste Anstellung im Landesschuldienst oder alle, die gerade ihren Masterabschluss gemacht haben mit dem Fach DaZ. Auch hier bewirbt man sich über das ZfA und Schulleiter suchen in der Kartei geeignete Bewerber aus. 

Als Ortslehrkraft (OLK) hingegen bewirbt man sich unmittelbar bei der Schule. Hierbei handelt es sich um unbefristete Stellen. Das ist von Vorteil, weil man dauerhaft im Ausland unterrichten kann oder eine andere Stelle annehmen kann, ohne zwischendurch in den innerdeutschen Schuldienst zurückzukehren. Bei Landesprogrammlehrkräften (LPLK) bewirbt man sich über Landeskoordinatoren über das Lehrerentsendeprogramm. Hierbei liegt der Fokus auf dem Unterricht von Deutsch als Fremdsprache. Beide Arten bieten ein ortsübliches Gehalt mit Bezahlung in der landesüblichen Währung und sind befristet auf maximal sechs Jahre. 

Aktuell offene Jobangebote findet ihr hier. Wenn euch ein bestimmtes Land interessiert, könnt ihr euch auch diese Seite ansehen, dort befindet sich eine Übersicht von verschiedenen Ländern, aktuellen Karriereangeboten und vielen wichtigen Informationen über die Länder. Was das Gehalt angeht, kann man keine allgemeine Aussage treffen. Das wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst – beispielsweise Schulform, Erfahrung und der Art der Anstellung (z.B. verdienen ALDK mehr als OLK). Nicht alle Arten (OLK, ADLK etc.) sind in jeder Region der Welt möglich. Was für euch in Frage kommt, könnt ihr unter dem Link zu der jeweiligen Art nachsehen. 

Wenn ihr Instagram habt, kann ich euch folgende Accounts für einen tieferen Einblick empfehlen:

@Evainbuenosaires – Gymnasiallehrerin in Argentinien

@ms.balkan – Grundschullehrerin in den Vereinigten Arabischen Emiraten 

@Teaching.across.cultures – Gymnasiallehrerin in Chile

@Myteacherslifeabroad – Grundschullehrerin auf den Philippinen 

@Halloferien – Grundschullehrerin in Argentinien

Guckt gerne mal rein, alle fünf reden über ihren Werdegang, Auslandsmöglichkeiten und ihre Erfahrungen als Lehrkraft im Ausland. 

Bis zum nächsten Mal,

Annika 

Sicherheit in Chile - zwischen Erdbeben und Taschenkriminalität

Chile liegt auf dem pazifischen Feuerring. Das ist ein Vulkangürtel, der an der Küste vom pazifischen Ozean liegt. Dort finden die meisten Erdbeben statt. Japan und Chile sind unter anderem Teile dieses Ringes. Erdbeben entstehen hier durch die Verschiebung der tektonischen Platten. Da Chile als Hochrisikogebiet gilt, sind die Menschen hier an Erdbeben gewöhnt. Kleinere Beben finden relativ häufig statt und Chilenen sehen das ganz entspannt. Es gibt sogar ein alkoholisches Getränk, das nach den Erdbeben benannt wurde: Terremoto.

Das größte Erdbeben der Welt fand 1960 mit einer Stärke von 9.5 in Chile statt. Das letzte große Erdbeben hier war 2010 mit einer Stärke von 8.8. Das sind wirklich starke Erdbeben, die viel zerstören können. Beispielsweise war das Erdbeben in Syrien und der Türkei im Februar 2023 mit einer Stärke von 7.8 deutlich geringer als das chilenische 2010. Innerhalb der Skala liegen nämlich große Unterschiede, denn sie ist logarithmisch aufgebaut. Stärke 7 ist deswegen zehnmal stärker als Stärke 6. Wenn euch das interessiert, könnt ihr euch gerne hier einlesen.

Weil Erdbeben in Chile ein ständiger Begleiter sind, ist das Land darauf ausgelegt: So gibt es beispielsweise Sicherheitszonen bei Einkaufszentren oder Schulen, wo Menschen sich in diesem Fall sammeln sollen. Auch die Gebäude hier werden extra so gebaut, dass sie bei Erdbeben möglichst gut standhalten. Und das funktioniert: Wenngleich das Erdbeben 2010 beispielsweise deutlich stärker war als das in der Türkei und Syrien 2023, sind in Chile "nur" etwa 500 Menschen gestorben – im Vergleich zu über 60.000. Jeder Mensch ist zu viel! Aber die Zahlen zeigen, wie gut diese auf Erdbeben ausgelegte Architektur funktioniert. Bei einem Erdbeben dieser Stärke hätte es deutlich schlimmer ausgehen können. 

Auch an meiner Praktikumsschule merkt man, dass Chile ein Hochrisikogebiet für Erdbeben ist. Nächste Woche haben wir eine Erdbebensimulation. Das ist quasi wie ein Feueralarm, aber für Erdbeben. In einem Protokoll werden alle angewiesen in die Hocke zu gehen, seinen Kopf mit den Händen zu schützen und in die Mitte des Raumes zu gehen. Wichtig ist, sich möglichst weit von den Fenstern aufzuhalten, da diese zerbrechen werden und durch die Glassplitter eine große Verletzungsgefahr besteht. Begonnen wird die Simulation bzw. dann auch in der Realität mit einem 20 Sekunden langen Warnsignal. Danach wird das Gebäude zügig verlassen und Gefahrenquellen wie Elektrizität ausgestellt. 

Erdbeben können auch Tsunamis erzeugen. Wie zum Beispiel im Jahr 2010, als die chilenische Regierung die Warnung viel zu spät herausgegeben hatte und viele Menschen starben. Solche Katastrophen zerstören beispielsweise auch die Wasser- und Stromversorgung der Bevölkerung oder beeinträchtigen stark den Zugang zu Medizin und Krankenhäusern. Ich habe mit einigen Chilenen gesprochen, die das Beben 2010 als Kinder miterlebt haben. Es fand um halb vier Uhr nachts statt, sodass es die Menschen aus dem Schlaf gerissen hat. In Santiago hat man das Beben zwar deutlich gespürt, allerdings war das Epizentrum weiter südlich. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte in Santiago, wäre ein Epizentrum eines Erdbebens dort deutlich fataler. 

Dennoch muss man sagen, dass das alles selten vorkommt und das Land wirklich an Erdbeben gewöhnt ist. Ich würde sogar fast sagen, dass Chilenen Erdbeben kaum ernst nehmen. Für sie ist es einfach komplett normal. Ich bin jetzt seit einem Monat in Santiago und habe noch überhaupt nichts mitbekommen, nicht einmal kleine Bewegungen der Platten. 

Ein anderes Thema ist natürlich Kriminalität, ich habe es ja schon ein bisschen angeschnitten und ja, es ist einfach ein anderer Standard als in Flensburg. Hier in Chile gibt es große Unterschiede. Südchile empfand ich als deutlich sicherer als Santiago. Dennoch gibt es auch hier in Santiago enorme Differenzen. 

Grundsätzlich sollte man sich an mehrere Dinge halten: Bevor man das Handy draußen benutzt, sollte man sich umsehen und nach verdächtig wirkenden Menschen Ausschau halten und gleichzeitig das Handy nicht direkt an der Straße nutzen, da beispielsweise Taschendiebe auf Motorrädern das einem schnell aus der Hand reißen können. Dasselbe gilt auch für Busse, denn dort kann einem das Handy an Haltestellen schnell aus der Hand gerissen werden. An Metrostationen hingegen ist eine hohe Präsenz an Security Guards. Da der Hauptbahnhof sehr gefährlich ist, sollte man diesen weitestgehend vermeiden. Den Reißverschluss von Rucksäcken sollte man schließen und die beiden Enden nach ganz unten schieben, damit es schwieriger ist, diesen, beispielsweise in Verkehrsmitteln, zu öffnen. Wertsachen gehören in Taschen auf keinen Fall in die Außentasche. Ich benutze hier gerne einen Brustbeutel für Wertsachen, den man unter der Kleidung tragen kann. Man sollte auch nur so viele Wertsachen mitnehmen wie nötig und bei Überfallen auf keinen Fall Widerstand leisten. Viele Menschen tragen ihre Rucksäcke auch vorne, wenn sie in volle Busse oder U-Bahnen steigen. Außerdem wird stark davon abgeraten, auf Demonstrationen zu gehen. 

Mir ist zudem aufgefallen, dass Frauen häufig die Gegenwart anderer Frauen, beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln, suchen. Das alles klingt aber negativer als es ist. Ich habe weder Erdbeben erlebt, noch wurde ich bestohlen oder habe derartiges erlebt. Am Anfang ist man sowieso paranoider, weil man die Situation noch nicht wirklich einordnen und potenzielle Gefahren nicht einschätzen kann. In Punta Arenas (im Süden Chiles) beispielsweise habe ich mich überall sehr sicher gefühlt. In Buenos Aires habe ich mich nachts alleine verlaufen und mir wurde von der Polizei geholfen, die sehr besorgt war, weil ich als ausländische Frau alleine unterwegs war. Aber selbst da ist mir nichts passiert. Deshalb – vorsichtig sein, aber auch nicht jedem Menschen misstrauisch gegenübertreten. Hier in Santiago vermeide ich es aber, im Dunklen alleine draußen zu sein. Ich möchte kein Risiko eingehen und habe mich nachts als Frau draußen nicht sicher gefühlt. 

Der letzte Punkt ist vermutlich etwas unerwartet – aber auch ein Teil der Sicherheit: Die Schadstoffbelastung. Aufgrund der Lage hinter den Anden und der Größe der Stadt ist die Luftverschmutzung enorm hoch und damit besonders im Winter stark gesundheitsschädigend. Hier wird der Verkehr stark eingeschränkt, um die Belastung zu senken. Beispielsweise dürfen nur Fahrzeuge mit bestimmten Nummern im Kennzeichen an einem Tag benutzt werden. Ebenfalls hoch ist der UV-Index. Er liegt seit Wochen bei 11, das ist das Maximum der Skala. Man sieht hier oft diesen Wert, der an Gebäuden angezeigt wird, und Menschen davor warnt, in der Mittagszeit und vor allem ohne Sonnenschutz aus dem Haus zu gehen. Bisher hatten wir täglich um die 30 Grad und erst an einem Tag Wolken, ansonsten immer direkte Sonneneinstrahlung, was die UV-Strahlung noch gefährlicher und die Sonnencreme zu meinem besten Freund macht. 

Bis zum nächsten Mal!  

10 Dinge, die mich an Chile überrascht haben

1.     Preise

Chile ist deutlich teurer, als ich erwartet habe. Das betrifft vor allem Lebensmittel. Hier sind die Preise teilweise viel höher als Deutschland. Beispielsweise kosten hier 400g Käse mindestens 5 Euro, Marmelade 4 Euro und eine Paprika 1,50 Euro. Besonders im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen sind die Preise deutlich höher. Mit meinem DAAD-Stipendium ist das glücklicherweise kein großes Problem. Ich bin aber dennoch sehr froh, dass ich Mittagessen von der Schule gestellt bekomme. 

2.      Technologie

Teilweise ist Chile sehr modern. An der Schule beispielsweise registriert man sich per Fingerabdruck für das Mittagessen und die Kinder nutzen ab der ersten Klasse das Chromebook. Natürlich gibt es hier auch Rolltreppen, self check-out Optionen in den Supermärkten oder die Möglichkeit, mit Karte zu bezahlen. Das machen die meisten Menschen auch. Menüs werden hier auch oft nur mit QR-Codes angegeben. 

3.     Das Bildungssystem 

Das chilenische Bildungssystem ist wirklich sehr, sehr schlecht. Hier wird deine komplette Lebenslaufbahn vom Einkommen der Eltern bestimmt. Staatliche Schulen haben eine sehr niedrige Qualität der Bildung. Deswegen schickt jeder, der sich das irgendwie leisten kann, sein Kind auf eine Privatschule. Mit einer staatlichen Bildung kann man hier kaum etwas erreichen, da Arbeitgeber sehr stark darauf achten, welche Schulen die Bewerben besucht haben. Dasselbe betrifft auch Universitäten. Wer hier erfolgreich sein möchte, muss sowohl eine private Schule als auch eine private Universität besuchen. Für Kinder aus einkommensschwachen Haushalten bleibt diese Möglichkeit verschlossen. Wer also denkt, dass das deutsche Schulsystem sehr ungerecht ist, der wird von der Bildungsungerechtigkeit in Chile schockiert sein. 

4.     Verkehrsmittel

Wenngleich in vielen südamerikanischen Ländern der Verkehr sehr chaotisch ist, finde ich den Verkehr in Chile sehr entspannt. Generell wird sich überwiegend an viele Verkehrsregeln gehalten. Es gibt hier Busse und sieben Metrolinien – allerdings nicht zum Flughafen. Die Metro schließt täglich um 23 Uhr. Außerdem gibt es keine Monatsfahrkarten. Man muss sich eine aufladbare Karte kaufen, die dann für Busse und Metro benutzt werden kann. Züge gibt es hier nur für Güter. Während der Diktatur wurden Züge zur Personenförderung abgeschafft und kommen jetzt, 30 Jahre später, erst langsam wieder. Stattdessen werden hier Busse benutzt. Die sind sehr bequem, wodurch die langen Distanzen innerhalb Chiles oder Südamerikas deutlich angenehmer werden. Beispielsweise sind wir in Patagonien einmal liegen geblieben, 50km vom nächsten Dorf entfernt auf einer 12h Busfahrt. Auch innerchilenische Flüge sind sehr üblich – denn die dauern auch 2h in den Norden in die Atacama Wüste (nach Calama) oder 3h 30 in den Süden nach Punta Arenas. Das Land ist eben 4000km lang. - Das ist so lang wie von Lissabon nach Moskau. 

5.     Joghurt in Beuteln

Joghurt, Marmelade und Margarine gibt es hier in Beuteln wie beispielsweise gefrorene Erbsen in Deutschland. Ein ganz seltsamer Anblick. Außerdem wird Cola fast nur in 3 Liter Packungen verkauft.

6.     Busse

Es gibt hier keinen Fahrplan für Busse, das heißt man geht einfach zur Bushaltestelle und wartet, bis ein Bus kommt. Das kann zwei Minuten dauern oder auch 45min. Außerdem halten die Busse nicht automatisch an einer Haltestelle – stattdessen muss man seinen Arm heben und so signalisieren, dass man einsteigen möchte. Das ist anfangs verwirrend, ergibt bei einer Großstadt mit acht Millionen Einwohnern allerdings definitiv Sinn. Würde jeder Bus bei seinen Haltestellen halten, würde der Verkehr vermutlich deutlich beeinträchtigt werden.

7.     Aufmerksamkeit

Ich bekomme sehr viel ungewollte Aufmerksamkeit, vor allem von älteren Männern. Dass ich angestarrt werde, daran bin ich inzwischen gewöhnt. Hier in Chile gibt es kaum Menschen mit hellen Haaren oder Augen, die einzigen Blonden oder Rothaarigen, die ich gesehen habe, sind Schüler*innen der Schule. Die meisten Menschen, die europäische Züge haben, wohnen auch in Vitacura – das ist übrigens der reichste Stadtteil des Landes. Dort falle ich nicht auf, überall sonst in der Stadt allerdings schon. Meistens werde ich nur angestarrt, mir wurde aber auch schon erzählt, ich wäre so exotisch (ich habe blaue Augen). Das ist meistens eher nervig, manchmal ist es aber auch das Gefühl, fetischisiert zu werden. 

8.     Anrufe

Aus irgendeinem Grund sind scam-calls sehr typisch hier. Auf meiner chilenischen Nummer werde ich etwa zwei Mal täglich von unbekannten Nummern angerufen. Solange man sie ignoriert, ist aber alles in Ordnung.

9.     Leitungswasser

In vielen südamerikanischen Ländern kann man kein Leitungswasser trinken, in Chile jedoch so gut wie überall. Es hat einen anderen Geschmack – mit deutlich mehr Chlor – ist aber gesundheitlich unbedenklich. Dennoch entscheiden sich manche Menschen dagegen und kaufen lieber ihr Wasser. Ich trinke aber das chilenische Leitungswasser und hatte bisher keine Probleme damit. 

10.  Sicherheitsleute überall

Es stehen wirklich überall Sicherheitsleute. In jedem Supermarkt sind mindestens drei, vor den Schulen, in den Wohnhäusern am Eingang 24/7. Zumindest ist das bei größeren Wohnkomplexen der Fall und dort wohnen die meisten Menschen hier. Die Sicherheitsleute tragen auch Waffen. Das fühlt sich immer noch seltsam an, ist aber notwendig. Ich habe beispielsweise eine neue Mitbewohnerin aus Peru bekommen, die aus ihrer Wohnung im Stadtzentrum ausgezogen ist. Sie hat gesehen, wie zwei Männer eine Person mit Waffen bedroht und überfallen haben und hat sich dort danach nicht mehr sicher gefühlt. Dementsprechend – ja, man braucht die Security Guards hier, auch wenn es sich anfangs etwas seltsam anfühlt. In meinem Viertel fühle ich mich aber sicher und habe so etwas auch noch nicht gesehen. Hier kommt es zwar auch vor, dass einem das Handy beispielsweise aus der Hand gerissen wird, aber das ist deutlich seltener als in anderen Kommunen. 

Ein Tag in meinem Leben...

Hallo zusammen, 

Bei mir ist in der letzten Woche viel passiert – ich habe euch ja schon beispielsweise von der Erdbebensimulation erzählt. Ich war zu dem Zeitpunkt in einer ersten Klasse und die Kinder wussten vorab Bescheid, dass es nur eine Übung ist. Dennoch hatten viele Kinder Angst und konnten zwischen Realität und Übung nicht unterscheiden. Es saßen also viele Kinder weinend unter dem Tisch, einige haben mich sogar gefragt, ob wir heute alle sterben werden. Das ist schon sehr anders als in Deutschland, wo es nur manchmal einen Feueralarm gibt. Wie anders Unterrichten in Chile ist habe ich auch gemerkt, als wir wieder zurück in die Klasse kamen. Bei Erdbebensimulationen muss man nämlich erst unter den Tisch und dann wie bei einem Feueralarm nach draußen in die Sicherheitszone. 

Als wir wieder in das Klassenzimmer gingen, saß da plötzlich eine große Spinne an der Wand. Die Klassenlehrerin meinte sofort zu mir, dass das eine giftige Spinne sei und dass wir die Kinder von der Wand fernhalten müssen. In Chile kommen giftige Spinnen häufig vor. Im Herbst sind sie aber eher selten zu sehen. Die Bisse sind tödlich. Bei Erwachsenen hat man aber ein paar Stunden, um ins Krankenhaus zu gehen und ein Gegengift zu bekommen. Für Kinder sind sie deutlich gefährlicher. Wir haben also den Hausmeister gerufen, der die Spinne dann mit Chemikalien getötet hat. Die werden hier in jedem Supermarkt verkauft, teilweise auch an Straßenständen. Glücklicherweise habe ich sie in meiner Wohnung noch nicht gefunden. Aber ich kenne ein paar, die schon giftige Spinnen im Badezimmer gefunden haben. 

Mein Tag beginnt meistens morgens um 7 Uhr, denn dann mache ich mich auf den Weg zur Schule. Das ist immer sehr praktisch, denn der Bus startet an meiner Haltestelle. Ich muss also nicht warten, bis er kommt. Allerdings fährt er nicht um eine bestimmte Uhrzeit los. Stattdessen fahren die Busse, wenn sie voll sind. Das kann manchmal ein wenig dauern. An der Schule angekommen, gehe ich an der Security vorbei und starte meinen Schultag. Ich habe einen festen Stundenplan. Ich bin meistens in der ersten Klasse, aber auch teilweise in der fünften. Nach drei Stunden haben wir die erste Pause, dann nach den ungeraden – also nach der fünften, siebten, neunten und elften Stunde. Theoretisch kann man bis zu 13h am Tag haben, ich habe aber noch nie gehört, dass eine Klasse mehr als elf Stunden hat. Mein normaler Schultag beginnt um 7.50 und endet um 13.35. An einem Tag bin ich von 12 bis 17 Uhr in der Schule. Bewertet wird hier übrigens nach dem chilenischen Notensystem, wo 7.0 die beste Note ist und alles unter 4.0 als durchgefallen bewertet wird. 

Aktuell bereitet sich die Schule auf die Bundeslandesinspektion vor. Das bedeutet, dass wir Mitte April Besuch aus Deutschland erhalten, welcher fünf Tage lang unseren Unterricht überprüft. Das ist an deutschen Auslandsschulen alle fünf Jahre der Fall. Hier waren sie das letzte Mal 2017, da der Besuch pandemiebedingt verschoben wurde. 

Es geht bei dem Besuch um viele Aspekte: 

  • Die Differenzierung der fremdsprachlichen und muttersprachlichen Schüler
  • Lehr-/Lernkultur
  • Berufliche Bildung
  • Digitalisierung
  • Didaktik

Für die Schule ist das enorm wichtig, weil es hier um eine Förderung in Millionenhöhe geht, die man nur durch ein Gütesiegel erhält. Das wird alle paar Jahre bei diesen Besuchen erneuert, um die Qualität der deutschen Auslandsschulen zu sichern. Die Inspektoren interviewen bei uns einige Lehrkräfte und Eltern und schauen sich danach den Unterricht in allen Fächern und Klassenstufen an. Hier bei uns waren es 80 Lehrer, die besucht wurden. Jede Klasse erhält eine Note, die dann zusammengerechnet werden. Es wird in A bis D bewertet, 60 % muss mindestens ein B erhalten, um zu bestehen. Wenn diese nicht gut ist, kommen sie in einem statt in fünf Jahren wieder und kürzen unsere Förderung drastisch. Dadurch kann die Schule sich keine Ortslehrkräfte mehr leisten. Diese chilenischen Lehrkräfte erhalten hier eine höhere Bezahlung als es in Chile üblich ist und sind sehr wichtig für die Schule. Leider werden Lehrer in Chile aber generell sehr schlecht bezahlt und haben auch gesellschaftlich keinen hohen Stellenwert. 

In meiner ersten Klasse lernen die Kinder gerade die deutschen Begriffe für Schulmaterialien. Das ist sehr wichtig, damit wir darauf aufbauen und den Kindern weitere Sachen beibringen können. Ich hätte aber auch nie gedacht, dass ich irgendwann mal Anspitzer oder Radiergummi auf Spanisch sagen kann. Was mir hier auch aufgefallen ist, war der Unterschied von Lehrer-Schüler-Beziehungen zu Deutschland. Während man einem Kind dort theoretisch nicht einmal ein Pflaster aufkleben darf, ist das hier ganz anders. In Chile ist Körperkontakt sehr wichtig, beispielsweise begrüßt/ verabschiedet man sich mit Küssen auf die Wangen – auch, wenn man jemanden gerade erst kennenlernt. Das gilt hier auch in der Schule. Viele Lehrkräfte umarmen ihre Schüler, geben ihnen Küsse auf die Stirn oder auf den Kopf. Es gibt auch viele Aktivitäten mit den Lehrkräften außerhalb der Schule, wie zum Beispiel gemeinsame Wanderungen.  

Ende des Monats haben wir eine Impfkampagne an der Schule. Das chilenische Gesundheitsministerium schreibt vor, dass alle Schüler bis zur fünften Klasse gegen die Grippe geimpft sein müssen. Wer nicht geimpft ist und kein Attest vorweisen kann, wird vom Schulbesuch ausgeschlossen. Hier sind viele Impfungen vorgeschrieben. Seit dieser Woche wurde hier in Chile auch das Denguefieber nachgewiesen. 

Ich fühle mich an der Schule richtig wohl und möchte später definitiv an einer deutschen Auslandsschule arbeiten. Die Gespräche mit Lehrkräften hier haben mir gezeigt, was es für tolle Möglichkeiten gibt und wie leicht man das Unterrichten mit dem Reisen und Kennenlernen von fremden Kulturen und Sprachen verbinden kann. 

Bis zum nächsten Mal!

Kulinarische Erlebnisse in Chile

In Chile wird – auch wenn der Name ähnlich klingt – tatsächlich nur wenig scharfes Essen gegessen. Stattdessen gibt es viel Weißbrot, Reis und Bohnen oder Eier. Beispielsweise wird hier auch viel Reis mit Rührei gemischt gegessen. Interessanterweise ist das Essen aber oft sehr süß wie mit Manjar (unten seht ihr ein Bild) und sehr gesund durch die vielen Früchte. Die Chilenen sind richtig stolz auf ihr typisches Essen: 

Besonders stolz sind Chilenen auf ihre Completos – das ist quasi ein Hotdog mit Mayonnaise und Avocado (das wird hier übrigens palta genannt). Auf dem Bild ist die italienische Variante (weil es die Flaggen Italiens sind) zu sehen. 

Empanadas sind nicht nur typisch in Argentinien, sondern auch in Chile. Gefüllt werden sie hier mit Fleisch oder auch Gemüse, beispielsweise mit Pilzen. Manchmal auch mit Pastel de choclo (letztes Bild).

Das ist Manjar – eine sehr süße Creme, hergestellt aus Zucker und Milch. Chilenen lieben Manjar, es ist fast überall in süßen Leckereien zu finden (beispielsweise in Keksen oder Torten). 

Mato con huesillo ist ein Erfrischungsgetränk ohne Alkohol

Hier wird sehr viel Weißbrot gegessen – Marraqueta.                                                                                                                                                    

Pastel de choclo ist ein Pie aus Mais, Rosinen, Fleisch und Oliven. Es wird in ganz Südamerika gegessen.

Kulturelle Unterschiede und Herausforderungen in Chile

Bei meiner Ankunft in Chile hatte ich einen Kulturschock. Das ist definitiv normal und legt sich auch nach einigen Tagen. Ich möchte euch heute trotzdem von ein paar Unterschieden zwischen Deutschland und der chilenischen Kultur berichten. Für mich war vermutlich der größte Schock die Umstellung im Bereich der Sicherheit… nicht mehr mit dem Handy in der Hand rumlaufen zu können, überall Security zu sehen und jetzt in einer Gated Community zu leben. Das ist eine Wohngegend mit hohen Zäunen, die nur Bewohner betreten können. 

Was mich sonst noch überrascht hat? Man wird oft "como estas" beziehungsweise "como estai" gefragt. Letzteres wird im chilenischen Spanisch oft verwendet. Allerdings interessiert es die Leute oft nicht, wie es einem geht. Stattdessen wird es als Smalltalk benutzt, bei dem man immer mit "Gut" antwortet. Teilweise wird gar keine Antwort erwartet und die Person geht beispielsweise schon weiter, bevor man geantwortet hat. Zum Abschied hört man zudem oft "Cuidate, Ciao". Cuidate bedeutet etwas wie "pass auf dich auf". 

Zur Begrüßung und zur Verabschiedung küsst man sich hier auf die Wange. Allerdings nur einmal und nicht wie in Spanien zwei Küsse. Das geschieht zwar nicht mit völlig Fremden im Supermarkt, aber zum Beispiel immer hier im Kollegium. Man gewöhnt sich aber schnell daran. 

Ein anderer Punkt sind die Zeiten: Die Uhren hier ticken einfach langsamer und jeder kommt ständig zu spät. Aber auch das hat man schnell im Kopf und inzwischen warten die Chilenen eher auf mich als ich auf sie. Auch zum Unterricht geht man hier erst ca. 5 Minuten nachdem es geklingelt hat (.. und ja als Lehrkraft). 

Außerdem ist es in Lateinamerika üblich, Schuhe im Haus zu tragen. Also keine Hausschuhe, sondern die normalen Schuhe, die man draußen auch trägt. Ich persönlich finde das sehr unbequem, aber Chilenen sind daran sehr gewöhnt und empfinden es als völlig normal. 

Die Leitungen hier sind sehr eng und alt, deswegen kann man Toilettenpapier in ganz Südamerika nicht in die Toilette werfen, sondern in einen kleinen Mülleimer im Bad. Auch daran gewöhnt man sich schnell, auch wenn es sich am Anfang sehr seltsam anfühlt. Auch die Kabel draußen sind alle oberirdisch verlegt, weswegen in jeder Straße Unmengen an Kabeln zusammengebunden hängen. Wenn sie nicht mehr verwendet werden, werden sie auch nicht abgenommen. Es ist aber zu teuer, sie unter der Erde zu verlegen. 

Hier wird es als unhöflich empfohlen, seinem Gegenüber in einem Gespräch in die Augen zu sehen. Während das in Deutschland zeigt, dass man zuhört und aufmerksam ist, gilt es hier als aufdringlich und Teil des Flirtens. Mir wurde schon drei Mal von Chilenen gesagt, dass sie das Gefühl hätten, ich würde in ihre Seele sehen. Das liegt aber auch daran, dass ich blaue Augen habe und sie daran nicht gewöhnt sind. 

Weniger ein Kulturschock und mehr eine freudige Überraschung – die Luft ist hier super trocken. Deswegen trocknet die Wäsche extrem schnell. Man kann im Sommer vier, fünf Ladungen täglich waschen. Und auch jetzt im Herbst (Mitte April ist quasi wie der deutsche Oktober), trocknen selbst Pullis innerhalb von 12h. Es regnet hier aber auch sehr seltsam. Ich bin seit fast drei Monaten hier und es hat nur ein einziges Mal geregnet. Und selbst das waren nur ein paar Tropfen für 10 Minuten. Viele Menschen haben da aber schon ihre Regenschirme gezückt oder tragen bei unserem Wetter gerade (17 Grad) Mützen oder einen Schal. 

Aktuell hat Chile mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. Beispielsweise mit einer hohen Einwanderung aus Venezuela und Kolumbien und die daraus entstandene Kriminalität. Viele Menschen gelangen illegal über die Grenze zu Bolivien ins Land und begehen hier Straftaten. Das hat das gesamte Land unsicherer gemacht. Allerdings sind jetzt auch sehr viele Menschen gegen die Einwanderung – vor allem aus Venezuela. Gleichzeitig ist Trockenheit ein großes Problem. Beispielsweise gab es im Spätsommer hier große Waldbrände, die leider zu viel Zerstörung geführt haben. Auch die Preise sind ein Problem: Aufgrund von hohen Lebenshaltungskosten und niedrigen Löhnen herrscht viel Armut und Unzufriedenheit. Proteste dagegen kommen häufig vor, besonders 2019-2020. Dort brachen starke Proteste aus, bei denen viel niedergebrannt oder zerstört wurde. Es starben mindestens 36 Menschen, zehntausende wurden verhaftet und verletzt. Besonders heftig trafen diese Proteste Santiago als Hauptstadt, aber auch andere Regionen – insgesamt 16 in diesem Land. Der Hauptgrund für die Proteste waren niedrige Kosten für den Nahverkehr, bessere Bildung und Gesundheitsversorgung. Über eine Million Menschen nahmen an den Protesten teilweise teil. Insgesamt wohnen hier etwa 19 Millionen. Mit Corona und den verhängten Maßnahmen wurden die Proteste weniger. Hier gab es sehr starke Maßnahmen, wie beispielsweise einen Lockdown mit Ausgangssperre. Knapp 1.5 Jahre konnte man hier ohne triftigen Grund nicht das Haus verlassen und musste draußen immer eine Maske tragen. Ich fand Corona in Deutschland zwar auch nicht schön, aber die Menschen hier haben wirklich viel mehr durchgemacht und sehr unter den Maßnahmen gelitten. 

Bis zum nächsten Mal!

Lehramtsstudium in Deutschland & Schulunterricht in Paraguay - Eine Miniserie

Das bin ich:

Moin moin, ich bin Carolina und ich arbeitete als wissenschaftliche Hilfskraft
im Projekt Partners in Mobility im Jahr 2020. Ich habe 2015/16 im Rahmen eines FSJ
für ein Jahr an einer Schule in Paraguay gearbeitet. In einer
Blogpost-Miniserie berichte ich etwas über meine Erfahrungen, die ich in
der Zeit gesammelt habe. Wenn ihr neugierig seid, schaut auf unserem
Blog vorbei und verpasst keinen Beitrag!

Mein Auslandsjahr, mein Paraguay

Mein Name ist Carolina und ich habe an der Europa-Universität Flensburg Lehramt an Grundschulen studiert. Als ich das Bachelorstudium im Jahr 2015 abgeschlossen hatte, konnte ich mir jedoch nicht vorstellen, direkt im Anschluss mein Masterstudium zu beginnen. Ich wollte die Zeit dazwischen nutzen, um noch einmal nach draußen zu gehen und die Welt kennenzulernen – wenigstens einen Teil davon und am liebsten eben nicht nur ein Semester lang, sondern ein gesamtes Jahr. Da mein Großvater in Argentinien geboren ist und ein großer Teil meiner Familie dort lebt, wollte ich schon immer nach Südamerika. Das Land war mir so ziemlich egal – erst einmal vor Ort könnte ich immer noch herumreisen, habe ich mir gedacht.

Durch einen Bekannten habe ich von der Möglichkeit erfahren, einen Freiwilligendienst im Ausland zu machen. Er hat an dem sogenannten Weltwärts-Programm bereits nach dem Abitur teilgenommen  – da man sich jedoch ein Jahr im Voraus bewerben muss, war ich kurz vor den Abiturprüfungen, als er mir davon berichtet hat, schon zu spät dran. Das gesamte Studium über hatte ich deshalb den Plan, eben nach dem Bachelor ein Jahr einen Weltwärts-Freiwilligendienst zu absolvieren (die Aussicht darauf, nach der Bachelorarbeit erst einmal in die Welt rauszugehen, hat mir sehr gut gefallen). Der Weltwärts-Freiwilligendienst unterscheidet sich insofern von anderen Freiwilligendiensten, wie bspw. dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), dass es ein entwicklungspolitischer Freiwilligendienst ist (nähere Infos dazu findet ihr hier).

Schließlich habe ich mich bei der Organisation AFS interkulturelle Begegnungen beworben und konnte nach erfolgreichem Bewerbungsverfahren Länderwünsche angeben. Argentinien stand leider nicht zur Auswahl, weshalb ich mir die Weltkarte genommen und geschaut habe, welche Länder unmittelbar an Argentinien angrenzen: Chile, Bolivien, Paraguay, Uruguay und Brasilien. Von allen Ländern hatte ich schon mehr oder weniger viel gehört – einzig von Paraguay gar nichts. Ich weiß bis heute nicht genau, weshalb ich mich dann für Paraguay entschieden habe – kann aber rückblickend sagen, dass es eine der besten Entscheidungen war (auch, wenn ich natürlich nicht weiß, wie mein Jahr in einem anderen Land gewesen wäre).

Meinen Weltwärts-Freiwilligendienst habe ich mit AFS im Jahr 2015/16 in Paraguay in der Stadt Encarnación absolviert. Mein Hinflug liegt in diesem Sommer genau 5 Jahre zurück, eigentlich hatte ich geplant, im August wieder hinzufliegen. Daraus wird durch Corona leider erst einmal nichts – aber vielleicht ist das ein guter Moment, um das Jahr noch einmal Revue passieren zu lassen und aus heutiger Perspektive, mit etwas Abstand, darauf zu blicken. Deshalb möchte ich mit euch gedanklich nach Paraguay reisen und berichten, wie ich das Jahr erlebt und welche Schlüsse ich gezogen habe. Im Fokus dessen stehen beispielsweise meine Sorgen und Erwartungen an das Jahr, mein Alltag, meine Arbeit in der Schule und das Zusammenleben in einer paraguayischen Gastfamilie, die heute meine Familie ist. In all diesen Erzählungen möchte ich vor allem ergründen, wie mich das als (zukünftige) Lehrerin beeinflusst (hat) und was ich dadurch für die Arbeit im Klassenzimmer und mich persönlich gelernt habe.

Vorschau: Im Blogpost 2/9 werde ich berichten, welche Sorgen, Erwartungen und Wünsche ich im Vorfeld des Auslandsjahres hatte und wie ich damit umgegangen bin. Außerdem erzähle ich, wie ich meinen Auslandsaufenthalt finanziert habe.

Ein Jahr im Ausland – entfernt von der Familie und Freund*innen klingt erst einmal spannend und abenteuerlich, aber kann auch Bedenken auslösen. Ich war zwar schon einmal zuvor in Südamerika, aber nur einige Woche zum Reisen und eben kein ganzes Jahr, um dort zu leben.

Das größte Hindernis hinsichtlich eines Auslandsaufenthaltes war für mich in erster Linie der finanzielle Aspekt. Allein die Flüge hin und zurück kosten schon einiges und dann muss ich mich vor Ort ja auch finanzieren. Viele junge Menschen machen deshalb, oft direkt nach dem Abi, ein Work-and-Travel-Jahr. Das ist praktisch – man verdient Geld und kann gleichzeitig neue Länder erkunden. Ich wollte aber für ein Jahr an einen Ort, zwar von dort aus herumreisen, aber eine feste Arbeitsstelle haben, sodass ich mir keine Sorgen machen müsste, wie ich in fünf oder sechs Wochen einen neuen Job finden würde.

Ein Freiwilligendienst im Ausland, bspw. im Rahmen des Weltwärts-Programms, ist da super – es ist möglich, sich bei verschiedenen Organisationen zu bewerben. Erhält man nach erfolgreichem Bewerbungsverfahren einen positiven Bescheid, muss man sich um praktisch nichts mehr kümmern. Die Organisation hat Partnerorganisationen in verschiedenen Ländern und sucht eine Einsatzstelle für die Freiwilligen. Darüber hinaus wird auch eine Bleibe vermittelt – bspw. in einer Wohngemeinschaft mit anderen Freiwilligen oder eine Gastfamilie. Nicht einmal die Flüge müssen selbst gebucht werden.

Was das Ganze kostet? Das ist von Organisation zu Organisation abhängig. In meinem Fall habe ich etwa 2000 Euro gezahlt. Das Geld habe ich teilweise im Laufe meines Studiums gespart oder durch Spenden zusammenbekommen. Hier empfiehlt es sich, Betriebe, Restaurants, Cafés vor Ort oder aber sogar größere Firmen zu kontaktieren, in einem Brief euer Vorhaben zu erklären und um eine Spende dafür zu bitten. Seid kreativ – dann springt bestimmt etwas dabei für euch heraus. Und wenn nicht, dann macht euch keine Sorgen – die meisten Organisationen funktionieren nach dem Solidarprinzip: Manche Freiwillige sammeln mehr Spenden und der Teil, der für deren Einsatzplatz nicht benötigt wird, steht dann wiederum anderen Freiwilligen zur Verfügung. Bei AFS ist das so: Die Spenden der einzelnen Freiwilligen werden in "einem Topf" gesammelt und von da aus von der Organisation verteilt. Da AFS eine gemeinnützige Organisation ist, die wiederum hauptsächlich von Ehrenamtlichen geleitet und getragen wird, müsst ihr auch keine Bedenken haben, dass die Gelder an "falscher Stelle" landen.

Neben den finanziellen Aspekten habe ich mir natürlich viele Gedanken darüber gemacht, wie ich mir das gesamte Jahr vorstelle. Besser ohne große Erwartungen ins Flugzeug steigen, habe ich mir gedacht. Aber ehrlicherweise macht man sich ja doch schon Vorstellungen im Vorfeld: Wie werde ich leben, werde ich mich in meiner Gastfamilie wohlfühlen und mit meinen Mit-Freiwilligen klarkommen, wir wird mein Arbeitsplatz aussehen, werde ich mein Zuhause in Deutschland sehr vermissen? Und wie werde ich überhaupt mit einer anderen Kultur und Sprache im Alltag zurechtkommen?

Sehr geholfen haben mir die Vorbereitungsseminare meiner Organisation. 2x 5 Tage haben wir mit anderen Freiwilligen Workshops gehabt und uns vor allem mit Interkulturalität beschäftigt. Hier war auch Raum für unsere Sorgen und wir konnten uns mit Teamer*innen austauschen, die bereits als Freiwillige im Ausland gewesen sind. Mir hat es sehr geholfen, zu erfahren, wie sie in dem Jahr mit verschiedenen Herausforderungen umgegangen sind und so habe ich auch wertvolles Handwerkszeug bekommen, dass mir bei Schwierigkeiten helfen konnte. Außerdem habe ich hier angefangen zu lernen, mich mit meiner eigenen Person, meiner Identität, meiner Kultur – kurz: Allem, das mich ausmacht, auseinanderzusetzen und dadurch auch mich selbst besser zu verstehen. Darüber möchte ich aber an späterer Stelle noch einmal genauer sprechen.

Vorschau: Eine Frage, die sich viele vor einem Auslandsaufenthalt stellen: Kann ich nur in ein Land gehen, wenn ich die Sprache spreche? Im Blogpost 3/9 (Part I) erzähle ich etwas von Vokabellisten im Papierkorb und wie Spanisch meine Herzenssprache geworden ist.

Nun möchte ich euch von meinen ersten Monaten in Paraguay berichten, davon, wie ich mich dort eingelebt habe. Bevor ich von meiner Gastfamilie (4/10), meinem Arbeitsplatz in der Schule (5/10) und meinen Freizeitaktivitäten (6/10) erzähle, beginne ich mit der ersten Sache, die mir in den Kopf kommt: Spanisch – die Sprache, die in dem Jahr meine Alltagssprache war.

Wenn ich an die ersten Monate zurückdenke, dann habe ich die vielen bunten Eindrücke im Kopf, die mich jeden Tag aufs Neue überrascht, mal begeistert, mal nachdenklich gemacht haben. Aber vor allem die Sprache spielt hier eine wichtige Rolle und nimmt in meinen Erinnerungen viel Platz ein. Werde ich heute gefragt, wie lange es gedauert hat, bis ich Spanisch "konnte", dann sage ich: Ich habe…

·         4 Wochen gebraucht, um die Basics gut verstehen zu können

·         etwa 3 Monate, bis ich mich selbst in Gesprächen mit anderen auch so ausdrücken konnte, wie ich wollte

·         etwa 6 Monate, um Gesprächen in größeren Gruppen gut folgen zu können und auch etwas zu sagen

·         aber erst am Ende des Jahres habe ich mich so richtig sicher und in der Sprache Zuhause gefühlt.

Das ist kein allgemeingültiger Maßstab, sondern eine Orientierung und soll keineswegs verunsichern oder suggerieren, dass man erst einmal ein Jahr in einem Land gelebt haben muss, um die Sprache sprechen zu können, denn: Ihr müsst, um in ein fremdes Land zu gehen und dort zu leben, eine Sprache vorher nicht perfekt beherrschen. Natürlich nicht (Das war bei mir ja auch nicht der Fall). Aber: Ihr werdet es sehr viel einfacher haben, wenn ihr die Basics zu Beginn könnt. Die Vokabeln und Sicherheit beim Sprechen ergeben sich dann.

Mein Tipp: Setzt euch vor allem in der Anfangszeit abends hin und überlegt euch, welche Wörter euch in Gesprächen mit anderen Personen an diesem Tag gefehlt haben, sucht sie im Wörterbuch und schreibt sie raus – am besten mit Stift und Papier. Dann bleibt es auch im Kopf und ihr seid für das nächste Gespräch vorbereitet! Wenn ihr mögt, hebt die Listen auf und schaut sie euch am Ende eures Auslandsaufenthaltes an – dann seht ihr, was ihr alles in der Zeit gelernt habt!

Funfact: Ich habe das so gemacht und es hat mir die ersten Wochen sehr geholfen. Ich habe oft nachgeschlagen und konnte mir die Wörter so besser merken. Aber irgendwann, den genauen Zeitpunkt kann ich nicht benennen, vielleicht nach dem ersten Monat, hat es mich sehr genervt, jeden Abend eine Vokabelliste zu schreiben. Ich habe sie deshalb irgendwo in den Tiefen meines Kleiderschranks versteckt und von da an auch aus meinem Kopf verbannt. Am Ende des Jahres habe

… Ich persönlich habe in dem Jahr zwei größere Hindernisse beim Sprachenlernen wahrgenommen:

·         Perfektionismus: Viele haben den Anspruch an sich selbst, die Sprache perfekt zu beherrschen, bevor sie sie auch sprechen. Aber wie soll das gehen, wenn man sie nie spricht? Allein vom Zuhören und Verstehen gelangt man mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht an den Punkt, die Sprache fließend zu sprechen. Deshalb: Nutzt jede Möglichkeit, um die neue Sprache zu sprechen. Ganz egal, wie holprig es sich manchmal noch anhört! Denn: Andere Menschen müssen ja auch nicht perfekt eure Sprache sprechen, damit ihr sie versteht. Oder?

·         Englisch: Die englische Sprache kann ein Hindernis beim Sprachenlernen sein, aber weshalb? Ganz einfach: Grundsätzlich kann man sagen, dass es beim Erlernen einer neuen Fremdsprache positive, erleichternde Effekte hat, wenn man bereits eine andere beherrscht. Was ich hier meine, ist aber etwas anderes. Englisch ist eine Weltsprache, was heißt, dass heute der Großteil der Menschen, vor allem der jüngeren Generationen, in der Lage ist, in dieser Sprache zu kommunizieren. Überall auf der Welt gibt es Englischunterricht in den Schulen, oft bereits in der Grundschule.

Als ich in Paraguay angekommen bin, war hingegen eine meiner ersten Beobachtungen: Hier spricht niemand Englisch. Weshalb auch? Die meisten Paraguayos und Paraguayas können aus finanziellen Gründen keine Fernreisen oder ähnliches machen, nach Paraguay wiederum verirren sich auch nur wenige Tourist*innen, die nicht aus Lateinamerika stammen. Die englische Sprache hat hier deshalb kaum Relevanz (nicht so, wie vergleichsweise in europäischen Ländern). Spanisch ist die Verständigungssprache des gesamten Kontinents, in Süd- und Zentralamerika. Daneben gibt es noch zahlreiche indigene Sprachen, die lokal oder regional gesprochen werden.

Am Anfang habe ich mich etwas überfordert gefühlt, konnte von einem auf den anderen Tag nur noch stark eingeschränkt kommunizieren (meine Spanischkenntnisse waren sehr basic). Aber mit der Zeit habe ich gelernt, es als Mehrwert zu sehen: Ich war "gezwungen", Spanisch zu sprechen. Wollte ich mich also mit Menschen unterhalten, musste ich Spanisch lernen, da ich auf keine andere Sprache ausweichen konnte. Oft ist es so, dass Englisch als gemeinsame Sprache dient. Und dann ist es natürlich der bequemste Weg, dabei zu bleiben. In meinem Fall war das aber keine Option und ich muss sagen, so anstrengend es auch zu Beginn war, umso mehr schätze ich es heute.

Funfact zu Paraguay: Offizielle Amtssprache ist hier nicht nur Spanisch, sondern auch Guaraní, eine indigene Sprache. Die meisten Paraguayos und Paraguayas wachsen zweisprachig auf, Guaraní wird jedoch trotzdem eher im ländlichen Raum als in der Stadt gesprochen. Auch, wenn das Schulgesetz vorschreibt, dass die Hälfte der Unterrichtszeit in der Schule auf Guaraní unterrichtet werden soll, sprechen vor allem Jüngere deutlich weniger die indigene Sprache in ihrem Alltag. Während des Jahres habe ich einige Wörter und Sätze gelernt. Da es aber eine gesprochene und keine geschriebene Sprache ist (die Schrift dazu wurde erst "nachträglich erfunden"), ist es mir sehr schwergefallen, die Wörter zu lernen. Nicht zuletzt, weil die Aussprache nicht die einfachste ist. Dennoch habe ich gemerkt, dass es die Menschen unheimlich gefreut hat, dass ich mich für ihre Sprache interessiere, weil es ein Teil ihrer Kultur ist, speziell der paraguayischen. Auf diese Weise ist es auch leichter gewesen, mit Menschen in ein Gespräch zu kommen. Guaraní ist bis heute etwas Einzigartiges für mich und ich liebe es, Menschen zuzuhören, die sich in der Sprache unterhalten. Außerdem gefällt mir die Wortmelodie mehr als bei jeder anderen Sprache.

Heute kann ich zudem sagen, dass Spanisch meine Herzenssprache geworden ist. Mit der Sprache verbinde ich unglaublich wunderbare Erinnerungen, Familie, Freunde und Freundinnen. Ich spreche auch heute noch regelmäßig im Alltag Spanisch – habe trotzdem manchmal Angst, dass ich die Sprache "verliere". Deshalb habe ich mein Handy auf Spanisch eingestellt, so ist die Sprache immer irgendwie da.

Und zuletzt: Sprachenlernen ist vor allem eins - LERNEN. Das Ganze geht also Schritt für Schritt, mal macht ihr größere Fortschritte, mal habt ihr vielleicht das Gefühl, dass ihr nur wenig dazulernt. So ist Lernen nun mal – es braucht Zeit. Und irgendwann blickt ihr zurück und könnt euch gar nicht mehr vorstellen, dass es mal eine Zeit gab, in der die neue Sprache eine fremde für euch war.

Vorschau: Wie ist das (Zusammen)Leben in einer Gastfamilie? Ist man wirklich nur zu Gast? Oder lebt man in einer Familie? Im Blogpost 4/9 werde ich von Weihnachtskalendern und abendlichen Gesprächen auf der Dachterrasse erzählen.

Ich hatte das Glück, während meines Jahres in einer Gastfamilie zu wohnen – genau genommen waren es drei. Obwohl das auch nicht ganz stimmt… zur Erklärung:

Meine Organisation AFS hat mir im Vorfeld eine Gastfamilie "vermittelt". Einige Wochen vor meinem Abflug habe ich bereits mit der Gastmutter und ihrer Tochter über Facebook kommuniziert. Ich war sehr nervös, wie es werden würde, mit ihnen zusammenzuwohnen. Zumal ich zuvor während meines Studiums alleine gelebt hatte und es gar nicht mehr gewohnt war, mit einer Familie zusammenzuwohnen.

Da die Familie in der ersten Woche nicht in der Stadt, sondern verreist war, habe ich die ersten Tage in einer sogenannten "Welcome-Family" verbracht. Diese hat mir die Stadt und meinen Arbeitsplatz gezeigt, mir bei langen Spaziergängen die ersten Wörter und Sätze Spanisch beigebracht. Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt und war zugegebenermaßen ziemlich traurig, dass ich hier schon nach einer Woche wieder "wegmusste". In der zweiten, also meiner eigentlich "richtigen" Gastfamilie habe ich mich dagegen – long story short – nicht wohl gefühlt. Die Erklärung ist hier ganz einfach: Es hat einfach nicht gepasst. Menschen sind unterschiedlich und wir kommen eben nicht automatisch mit jedem und jeder gut klar. Darüber möchte ich an dieser Stelle gar nicht länger sprechen. Worüber ich jedoch sprechen möchte sind meine Bedenken, die ich damals hatte: Ich hatte ein unglaublich schlechtes Gewissen. Der Gastfamilie gegenüber, meiner Organisation gegenüber. Im Vorfeld hatte ich schon von verschiedenen Leuten gehört, die Schwierigkeiten mit ihrer Gastfamilie gehabt hatten. In meinem Kopf hatte ich dann immer die Vorstellung, dass die Personen oder Familien in einer Art und Weise "Schuld" daran, sich etwas "zu Schulden kommen lassen" hatten. In jedem Fall war ich der Überzeugung gewesen, dass sich so etwas sicherlich vermeiden ließe, man schon irgendwie mit einander auskäme.

Nach etwa zwei Monaten habe ich AFS dann aber doch gebeten, die Gastfamilie zu wechseln. Ich habe mich unwohl gefühlt und die Aussicht darauf, hier noch mein restliches Jahr zu verbringen, hat mich nicht glücklicher gemacht. Es hat dann etwa 4 Wochen gedauert, bis meine Organisation eine neue Gastfamilie gefunden hatte. In dieser ersten, für mich schwierigen Zeit, war ich viel bei meiner Welcome-Family. Dafür bin ich heute noch sehr dankbar, da sie mich sehr aufgefangen hat.

Nach drei Monaten bin ich dann in MEINE Gastfamilie gewechselt. Spreche ich heute über meine Gastfamilie, spreche ich über meine Familie. Vom ersten Tag an habe ich mich hier wohl gefühlt und mit allen gut verstanden: Mit meinen Gasteltern, meinen zwei Gastbrüdern und auch dem Rest – Tanten, Onkel, Cousinen & Cousins, Hunde, Katzen und sogar ein sprechender Papagei sind Teil der Familie.

Rückblickend kann ich sagen, dass ich mich keine Sekunde wie ein Gast gefühlt habe, sondern von Anfang an als Teil der Familie. Ich war bei allen Familienfeiern und anderen Festen dabei, wir sind gemeinsam durchs Land gereist und haben die Wochenenden zusammen verbracht.

In dem Jahr habe ich vor allem sehr viel mit meiner Gastmutter gesprochen – über das Leben und dieses und jenes. Dadurch habe ich nicht nur Spanisch gelernt, sondern unheimlich viel über die Welt und für mein eigenes Leben. Oft vermisse ich die Gespräche, die wir abends, wenn ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin, hatten. Meine Gastmutter ist alles in allem, vor allem im Vergleich zu anderen Paraguayos und Paraguayas, die ich in dem Jahr kennengelernt habe, ein sehr offener Mensch, was heißt: Sie diskutiert und spricht gerne über alle möglichen Themen, auch, wenn Meinungen auseinander gehen. Das war tatsächlich des Öfteren der Fall. Da haben wir beide oft gemerkt, wie unterschiedlich unserer Kulturen und Generationen denken und handeln.

Sowohl zu meinen Gasteltern, als auch meinen Gastbrüdern habe ich eine sehr gute Beziehung – bis heute (dank WhatsApp ist das ja alles einfach). Nach dem Jahr in Paraguay hatte ich bisher zweimal die Möglichkeit, wieder zurückzukehren. Meine Gasteltern haben mich in Deutschland besucht, ebenso wie meine Gastbrüder. Mein jüngerer Gastbruder hat sogar ein Jahr lang in Deutschland gelebt und an einem Austauschprogramm teilgenommen. Er spricht fließend Deutsch – und seitdem verstehen wir uns noch besser. Das liegt aber nicht nur an der neuen, gemeinsamen Sprache, sondern vielmehr daran, dass er meine Lebenswelt kennt und ich seine. Ich habe bemerkt, dass wir so ein ganz anderes Verständnis voneinander und füreinander entwickelt haben. Ebenso war es mir sehr wichtig, dass meine paraguayische Familie mein Zuhause und meine Familie in Deutschland kennenlernt – und umgekehrt. Mein Bruder ist mit mir nach Paraguay gekommen, hat mit den Kindern auf meiner Arbeit Fußball gespielt und Orangen auf den Plantagen meiner Gastfamilie gepflückt.

Heute sprechen wir viel über Skype und schreiben bei WhatsApp, einmal im Jahr schicken wir uns Päckchen.  In der Weihnachtspost darf kein Adventskalender fehlen, denn diesen deutschen Brauch hat meine paraguayische Familie sehr lieben gelernt!

Vorschau: Schule in Paraguay - Wie sieht der Alltag aus, was ist anders, was ist möglicherweise wie in Deutschland? Wie lernen die Kinder im Klassenzimmer und wie unterrichten die Lehrkräfte? Im Blogpost 5/9 werde ich von einer Ente mit zwanzig Beinen, dem Singen der Nationalhymne und Fußballspielen bei 40 Grad erzählen.

Im Rahmen meines Freiwilligendienstes habe ich in meinem Jahr in Paraguay an einer Schule gearbeitet. Genau genommen war es keine Schule, aber auch kein Hort, eher irgendetwas dazwischen.Zur Erklärung: In Paraguay (und generell anderen lateinamerikanischen Ländern) gehen die Kinder und Jugendlichen nicht wie hier von morgens um 8 bis mittags um 13 Uhr zur Schule, sondern es gibt den sogenannten "turno mañana" (7 bis 11 Uhr) und "turno tarde" (13 bis 16 Uhr). In der Zeit, wenn die Kinder nicht in der Schule waren, waren sie bei uns, haben Unterstützung bei ihren Hausaufgaben bekommen und darüber hinaus Sport-, Kunst- und Musikaktivitäten gemacht.

Die Bildungseinrichtung wird durch eine Stiftung finanziert und ist vornehmlich für Kinder, deren Eltern kein Schulgeld aufbringen können, weshalb die Kinder mehrheitlich auf öffentliche Schulen gehen, deren Besuch kostenfrei ist. Hier ist Lehren und Lernen sehr anders als in den Privatschulen – heißt kurzum: Die Klassengröße beträgt nicht selten dreißig Schüler*innen und mehr, Schulbücher sind veraltet und nicht alle Kinder haben Schreib- und andere Arbeitsutensilien, wodurch die Bildungsqualität insgesamt leidet. Die Lehrkräfte, so kann man sich vorstellen, können den vielfältigen Bedürfnissen der Kinder im Unterricht nicht gerecht werden, da es oftmals an grundlegenden Dingen mangelt. Für mich war es eine ungewohnte Erfahrung, dass ein Kind keinen Stift oder Heft zum Arbeiten hat – sind das in Deutschland Ausnahmen, so ist es hier der Großteil der Kinder. In meinem eigenen Unterricht habe ich mich deshalb oft arbeitsunfähig gefühlt und musste neue Wege finden, zu unterrichten. Wir haben mehr zusammengearbeitet, an der Tafel, in Kleingruppen. Das ersetzt jedoch nicht die wichtigen Übungsphasen, in denen Kinder für sich arbeiten und üben können. Außerdem ist hier eine Differenzierung sehr viel schwerer.

Nachmittags habe ich zusätzlich Englischunterricht gegeben – in einer Privatschule. Hier sah die Welt ganz anders aus. Nur fünf Gehminuten entfernt waren die Klassenzimmer klimatisiert, alle Schüler*innen hatten Unterrichtsmaterialien bei sich und haben sogar an bilingualem Unterricht teilgenommen. Das gesamte Jahr über war es für mich sehr schwierig, diese Unterschiede zu sehen und zu erleben.

Eine Sache, die für mich etwas befremdlich war, war ein ganz bestimmtes Morgenritual in allen Schulen: Das Hissen der Nationalflagge und das Singen der Nationalhymne. Vor Unterrichtsbeginn haben sich die Schüler*innen morgens auf dem Schulhof versammelt, zwei Personen waren in der Regel dafür zuständig, die Flagge zu hissen und dann haben alle gemeinsam die Nationalhymne gesungen. Es gibt auch Schulen, die zusätzlich die Flagge der Provinz oder die Schulhymne singen. Da das in Deutschland nicht der Fall ist, war das neu für mich. Und meine Freunde wiederum finden es eigenartig, dass die Nationalhymne bei uns eigentlich nur vor Fußballspielen gesungen wird.

Der normale Tagesablauf hat bei uns um 7 Uhr begonnen – da kamen die ersten Kinder und haben in den Klassenzimmern oder auf dem Schulhof gespielt. Um 8 Uhr gab es Frühstück für alle und um 8.30 Uhr hat dann der Unterricht beziehungsweise die (Hausaufgaben)Betreuung begonnen. Die Kinder wurden dafür in drei Gruppen mit je einer Lehrerin aufgeteilt: Klasse 1-4, Klasse 5/6 und die Kindergarten-Gruppe.

In der ersten Zeit habe ich mich vor allem um die Kindergartenkinder gekümmert, wir haben viel Künstlerisches und Sport gemacht. Während die meisten jüngeren Kinder nach dem Mittagessen abgeholt wurde, war ein Junge jeden Tag bis zum Ende da. Wir haben oft mit Wasserfarben gemalt, sein Lieblingsmotiv waren Enten. Einmal hat er eine Ente mit 20 Beinen gemalt. Auf die Frage, weshalb sie 20 Beine hat, war seine – etwas irritierte – Antwort "Camina mucho!" ("Sie läuft viel!") – Das ist natürlich einleuchtend!

Mittagessen gab es immer um 12 Uhr. Da viele Kinder, die unsere Bildungseinrichtung besucht haben, zuhause nicht sehr viele Nahrungsmittel zur Verfügung haben, war diese Mahlzeit sehr wichtig für sie.

Nach dem Mittagessen hatten die Kinder die Möglichkeit, in die Hausaufgabenbetreuung zu gehen oder zu spielen. In der Zeit habe ich viel mit den Älteren Fußball gespielt. Das war vor allem im Sommer bei 40 Grad im Schatten ziemlich anstrengend und schweißtreibend. Was ich hierbei sehr bewundert habe: Jungen und Mädchen haben gemeinsam gespielt. Es gab nahezu immer gemischte Teams und das war auch völlig normal.

Um 15 Uhr wurden die Kinder dann von ihren Eltern abgeholt. Manches Mal hatte ich dann Feierabend, ab und zu habe ich danach noch Englischunterricht gegeben.

Vorschau: Was bedeuten meine Erfahrungen in Schulen im Ausland eigentlich für mich als Lehrerin? Was habe ich gelernt – über mich und andere? Im Blogpost 6/9 werde ich erzählen, wie sich mein Verständnis von Schule, von Lehren und Lernen, durch meinen Auslandsaufenthalt verändert hat.

Im letzten Blogpost habe ich schon berichtet, dass viele Dinge anders oder neu in den Schulen in Paraguay für mich waren.

Die Sache, die mich bis heute am meisten beschäftigt, ist die Ungleichheit innerhalb der Bevölkerung – was sich in den Schulen widerspiegelt. Die Teilung in private und öffentliche Schulen, die so unterschiedliche Lebens- und Lernwelten beherbergen, gibt es in Deutschland nicht. Dennoch, bei genauerer Betrachtung, sind auch hier die Bedingungen für die Kinder ungleich. In einem Klassenzimmer sitzen durchschnittlich zwanzig bis fünfundzwanzig Kinder oder Jugendliche, die alle aus unterschiedlichen Familien kommen. Und jedes Kind, jeder Jugendliche bringt somit verschiedene Voraussetzungen für die Schule mit.

In der Uni lernt man etwas darüber, spricht beispielsweise über Bourdieu, über das kulturelle Kapital und den Habitus. Erlebt man diese Illusion der Chancengleichheit (1971) jedoch in einem derart ausgeprägten Maße im realen Schulalltag, bleibt das im Kopf. Meiner Einschätzung nach bin ich durch meine Erfahrungen in den Schulen in Paraguay heute ganz anders dafür sensibilisiert, dass Schüler*innen eben unterschiedlich sind und nicht dieselben Chancen haben. Das führt im Weiteren dazu, dass ich mich intensiv damit auseinandersetze und verstärkt auf die unterschiedlichen Lebenssituationen der Kinder achte und für mich versuche herauszufinden, wie ich damit im Unterricht umgehen kann.

Zuvor war das nicht unbedingt in meinem Blickfeld, zumal ich selbst, was meine eigenen Bildungsmöglichkeiten betrifft, vergleichsweise privilegiert bin. So fällt es vermutlich noch einmal schwerer, sich in die Situation anderer hineinzuversetzen, denen es anders ergeht.

Doch nicht nur deshalb waren die Erfahrungen in Paraguay an den Schulen für mich sehr wertvoll – ich habe außerdem so viele unterschiedliche Lehrer*innenpersönlichkeiten, Lehr- und Lernansätze kennengelernt, die sich das ein ums andere Mal (kulturell bedingt) von dem mir aus Deutschland Geläufigen unterschieden. So kann ich heute für mich entscheiden, welche Dinge ich selbst für meinen eigenen Unterricht übernehme – und welche nicht. Das ist in Deutschland bei jedem Praktikum, jedem Einsatz in der Schule auch so – aber eben nicht in solch einer Bandbreite.

Erfahrungen als Lehrer*in im Ausland sind für mich inzwischen ein nicht wegzudenkender Bestandteil meiner Ausbildung. Nicht zuletzt, weil ich mir so auch Gedanken über das Gesamtkonzept Schule gemacht habe und immer noch mache. Wie und was lernen Kinder und Jugendliche eigentlich in der Schule? Wie kann Lernen reformiert werden? Wie kann Lernen anders aussehen? Weshalb wird in unseren Schulen in der einen Form gelernt – und in anderen Ländern anders? So liegt der Fokus meiner Gedanken vor allem auf der Person der Lehrerin und des Lehrers – und dem Gestaltungsspielraum, den diese haben, wenn sie Kinder und Jugendliche unterrichten. Dessen war ich mir vorher noch nicht bewusst. Insbesondere angehenden Lehrer*innen kann ich daher raten, jede Möglichkeit zu nutzen, die sich bietet, um verschiedene Schulen kennenzulernen – nicht nur in Deutschland.

Vorschau: Freund*innen und Sportverein sind in Deutschland geblieben – was tun in meiner Freizeit? Im Blogpost 7/9 werde ich vom Häuserbauen und Handballspielen erzählen.

In Paraguay angekommen war ich das erste Mal nach langer Zeit in der Situation, dass ich weder meine Familie noch meine Freund*innen um mich hatte – und das auch noch länger nicht haben würde. Zwar habe ich ja bei einer Gastfamilie gelebt (dazu siehe Blogpost 4/9), aber dadurch hatte ich nicht automatisch viele neue Freund*innen. Denn auch, wenn meine Gastfamilie und ich ein sehr enges Verhältnis zueinander hatten, wollte ich auch "außerhalb" Freund*innen haben. Meine Kolleginnen in der Schule, an der ich gearbeitet habe, waren alle um einiges älter – also auch kein Ort, um neue Freund*innen zu finden.

Sehr geholfen haben mir dann ein Handballverein und die NGO TECHO.

Meinen Sportverein von zu Hause hatte ich ohnehin vermisst (wegen des Sports und natürlich auch wegen der wunderbaren Menschen) und ich konnte mir nicht vorstellen, das gesamte Jahr über nur alleine Sport zu machen. So bin ich etwa zweimal die Woche zum Handballtraining gegangen und muss sagen, dass Sport für mich persönlich die entspannteste Möglichkeit war und ist, neue Menschen kennenzulernen – und nicht zuletzt ist es auch mit die einfachste, weil hier der Sport als gemeinsame Sprache genutzt werden kann. Der Sport hat mir außerdem Sicherheit gegeben, war an sich nichts Neues für mich. Das hat auch sehr geholfen!

Außerdem habe ich einen großen Teil meiner Freizeit bei der NGO TECHO verbracht. Diese hat sich 1997 in Chile gegründet und das Ziel, Armut und Ungleichheit in Lateinamerika zu bekämpfen. Vor allem junge Freiwillige, in der Mehrheit Studierende, aber auch Schüler*innen, engagieren sich hier. TECHO setzt sich dafür ein, die Infrastruktur in informellen Siedlungen aufzubauen, indem bspw. Übergangsbehausungen gebaut, Bildungs- und berufsqualifizierende Maßnahmen durchgeführt werden.

Das Engagement bei TECHO hat mir nicht nur zahlreiche Einblicke in die entwicklungspolitische Arbeit ermöglicht, sondern darüber hinaus viele neue Freundschaften beschert. Insbesondere an den Wochenenden habe ich viel Zeit mit den Freiwilligen von TECHO verbracht und wir haben unterschiedliche Projekte in den Siedlungen umgesetzt. Dadurch habe ich enorm viel gelernt – vornehmlich über die Lebensrealitäten anderer Menschen und nicht zuletzt über mich selbst.

Jedem und jeder, der/die in Lateinamerika unterwegs ist, kann ich es nur ans Herz legen, TECHO kennenzulernen. Hier macht ihr wertvolle Erfahrungen, die euch immer weiter begleiten werden – versprochen!

Also, sucht euch Menschen, die die gleichen Leidenschaften haben wie ihr – die findet ihr an jedem Ort dieser Welt, davon bin ich überzeugt. Und so findet ihr auch ganz einfach neue Freund*innen!

Vorschau: Das Jahr neigt sich dem Ende zu – der Rückflug nach Deutschland ist gebucht! Im Blogpost 8/9 werde ich von gemischten Gefühlen und meiner Rückkehrzeit berichten!

Die Zeit nach einem längeren Auslandsaufenthalt empfindet wohl jede Person anders. Manche sind vielleicht einfach froh, wieder bei Familie und Freunden Zuhause zu sein – andere wären gerne länger geblieben.

Da die Rückkehr-Erfahrungen individuell sind, kann ich deshalb an dieser Stelle nur für mich sprechen und erzählen, wie es bei mir war.

Gegen Ende meines Jahres in Paraguay war ich sehr traurig, dass die Zeit nun zu Ende gehen sollte – die letzten zwei Wochen habe ich dann aber auf einmal auch gemerkt, dass ich mich sehr auf mein Zuhause in Deutschland gefreut habe. Ich habe mich auf Familie und Freund*innen gefreut, meinen Sportverein und sogar, dann im Master weiter zu studieren.

Zwar musste ich mich etwas eingewöhnen, mein Alltag war in Paraguay doch sehr anders gewesen, aber das ist mir nicht so schwergefallen. Geholfen haben mir dabei im Besonderen die Rückkehrer*innenseminare von AFS. Hier haben wir ein fünftägiges Nachbereitungsseminar mit unserer Gruppe, also allen Freiwilligen, die in Paraguay waren, gehabt.

Im Mittelpunkt der Workshops stand hauptsächlich, die Erfahrungen aus dem Jahr zu reflektieren und sich mit der eigenen Person auseinanderzusetzen. Beides keine leichten Sachen, so erfordern sie viel Kraft und sind nicht immer unbedingt angenehm.

Ich muss sagen, dass es mir sehr geholfen hat, mit anderen über meine Erfahrungen zu sprechen, mich auszutauschen und unterschiedliche Blickwinkel kennenzulernen. Sprechen hilft ungemein, um die Gedanken zu ordnen – mir jedenfalls. Das habe ich vor allem drei Jahre später gemerkt, als ich wieder einige Monate in Südamerika unterwegs gewesen war, nach Hause gekommen bin und dann kein Nachbereitungsseminar oder ähnliches hatte, auf dem ich meine Eindrücke verarbeiten konnte. Deshalb kann ich nur empfehlen, sich Leute zu suchen, mit denen man sprechen kann, um Dinge loszuwerden, die einem begegnet sind.

Während das natürlich auch für den normalen Alltag gilt, ist es meiner Meinung nach insbesondere nach längeren Reisen und Auslandsaufenthalten wichtig, weil man hier sehr besondere Erfahrungen macht, weit weg von Zuhause und dem Gewohnten. Umso schwieriger macht es das Ordnen der Gedanken und Eindrücke, weil es vorkommen kann, dass man sich nicht verstanden fühlt. Spricht man mit Menschen, die diese Erfahrungen selbst noch nicht in ähnlicher Form gemacht haben, kann ein Austausch sehr schwierig sein. Empfehlenswert ist es, bspw. mit anderen Studierenden zu sprechen, die im Ausland waren – oder mit Auslandsstudierenden, die derzeit im eigenen Land, in der eigenen Stadt sind.

Euch fällt da auf Anhieb niemand ein? Dann schaut doch mal bei den English Game Nights in der Rotunde (immer mittwochs ab 20 Uhr, den Events von LEI und International Center und den internationalen Events der Stadt vorbei. Oder schreibt uns und wir schlagen euch das passende Angebot vor!

Vorschau: Fünf Jahre sind vergangen – was bleibt? Im Blogpost 9/9 werde ich davon berichten, wie es ist, an Lieblingsorte zurückzukehren – oder auch nicht. und davon, ob die Welt für mich nun größer oder kleiner geworden ist.

Mein Trainer hat einmal gesagt, dass man immer Zeit verstreichen lassen sollte, um Dinge zu beurteilen. Damit meinte er nicht die kleinen Dinge im Alltag, sondern die Großen, die wir leben und erleben. In diesem Sommer sind fünf Jahre verstrichen. Vor fünf Jahren bin ich nach Paraguay geflogen, seither dann und wann zurückgekehrt und es hat sich vieles verändert.

Das Bedeutendste für meine Person ist, denke ich, dass sich die Welt für mich ungemein vergrößert hat. Paradoxerweise habe ich das Gefühl, die Welt besser zu kennen – und gleichzeitig fühle ich mich noch viel kleiner, weil ich weiß, dass es da draußen so vieles gibt, das ich noch nicht kenne.

Funfact: Ich habe viele Orte besucht, an die ich auch nach dem Jahr zurückgekehrt bin. An manche Orte bin ich aber auch nicht zurückgekehrt, weil die Erlebnisse dort einzigartig waren. Dazu gehört bspw. eine Wanderung durch die Anden mit einer Gruppe, die ich durch Zufall auf der Reise kennengelernt habe. Gewissermaßen machen die Menschen auch diesen wunderbaren Ort für mich aus, weshalb ich dorthin nicht alleine zurückkehren möchte.

Ich hatte das Glück, viele viele Menschen kennengelernt zu haben und somit deren Leben, deren Sichtweisen auf die Welt. Ich habe gelernt, dass man die Welt aus unendlich vielen verschiedenen Perspektiven betrachten kann.

Ins Ausland zu gehen bedeutet nicht nur, das Unbekannte zu entdecken. Es bedeutet auch, das Eigene besser begreifen und verstehen zu lernen.

Heute bin ich überglücklich und froh, dass ich mich 2015 entschieden habe, für ein Jahr in Paraguay zu leben. All das, was ich in dem Jahr gelernt habe, beeinflusst mein Leben bis heute und wird es wohl auch noch in Zukunft.

Am Ende des Tages muss jede*r für sich selbst entscheiden, ob er oder sie ins Ausland gehen möchte. Auslandsaufenthalte passen bei jedem Menschen anders in die Lebensplanung.

In jedem Fall möchte ich euch dazu ermutigen, diesen Schritt zugehen – Denn hier gibt es vielfältige Möglichkeiten und es sollte für jede*n etwas dabei sein: Allein die Europa-Universität Flensburg hält unterschiedliche, flexible Mobilitätsangebote bereit. Es ist eure Entscheidung, ob ihr nur eine kurze Zeit, ein paar Wochen, Monate oder sogar für längere Zeit ins Ausland möchtet. Da das nicht ausschließlich eine Frage der Lust und Laune sowie Organisation ist, sondern auch immer des Geldes, möchte ich an dieser Stelle auf eine Stipendien-Möglichkeiten [10402] aufmerksam machen.

An dieser Stelle endet die Miniserie – Schreibt uns gerne, falls ihr Fragen habt oder Unterstützung benötigt. Wir freuen uns, mit euch gemeinsam einen Mobilitätspfad zu finden, der zu euch und eurem Leben passt und euch tolle Auslandserfahrungen ermöglicht!