Aktuelle Exkursionen des Seminares für Politikwissenschaft: NDR-Info und Internationaler Seegerichtshof der Vereinten Nationen

Im Herbstsemester 2019 besuchten 27 Studierende des Seminares für Politikwissenschaft und Politikdidaktik der Europa-Universität Flensburg die Redaktion von NDR-Info sowie den Internationalen Seegerichtshof der Vereinten Nationen. 

Mit den Redakteuren Andreas Flocken und Sabine Rein diskutierten die Studierenden aktuelle Herausforderungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, insbesondere des Senders NDR-Info. Die Entwicklung der Hörerzahlen, die Aufgaben und Tätigkeiten der Redakteure, Sprecher und Korrespondenten sowie das Hörerverhalten und Erwartungen der Zuhörer des Senders, wurden diskutiert. 

Anschließend fuhren die Studierenden zum Internationalen Seegerichtshof, dessen rechtliche Grundlage das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ; englisch United Nations Convention on the Law of the Sea, UNCLOS). 21 Richter, die von 168 Vertragsparteien des SRÜ auf neun Jahre gewählt werden, verhandeln über Streitigkeiten, die die Auslegung und Anwendung des Seerechtes betreffen. Das Seerechtsübereinkommen, als ein Beispiel für die Regimetheorie der Internationalen Beziehungen, werden an der Europa-Universität Flensburg im ersten und dritten Semester behandelt. Die Exkursion fand zum richtigen Zeitpunkt für die Politikstudierenden aus dem dritten und fünften Semester statt, um sich (erneut) mit der Breite des Küstenmeeres und seiner Anschlusszone sowie den Regelungen zum Festlandsockel und der ausschließlichen Wirtschaftszone sowie den damit verbundenen politischen Herausforderungen beschäftigen. 

Anhand rechtlicher Rahmenbedingungen des Internationalen Seerechts sowie unterschiedlicher aktueller Rechtsstreitigkeiten wurden die Tätigkeitsfelder und Entscheidungen des ISGH vorgestellt und diskutiert. Exemplarisch für die angesprochenen Urteile steht die folgende kurze Thematisierung des Urteils des ISGH zum Zwischenfall in der Meerenge von Kertsch im Jahre 2018. Die "Deutsche Welle" berichtet 2018: Die russische Küstenwache verweigerte 2018 drei ukrainischen Militärschiffen die Durchfahrt ins Asowsche Meer, es kam zum Rammen eines der Schiffe sowie zu einem kurzen Beschuss durch die russische Küstenwache. Anschließend wurden die Schiffe zusammen mit den Besatzungen durch die russische Küstenwache festgesetzt bzw. gekapert. (Quelle: Deutsche Welle 2018: Ukrainische Marine wirft Russland Angriff auf ihre Schiffe vor). Die russische Regierung warf der ukrainischen Regierung seinerzeit vor, dass diese mit einer vermeintlich militärischen Operation die russischen Hoheitsgewässer verletzt habe. Die Ukraine bestritt die Verletzung der Hoheitsgewässer und verwies auf internationale Abkommen zur freien Durchfahrt ins Asowsche Meer. Diese hätten sich auch nach der völkerrechtlich nicht anerkannten Annektierung der Krim durch Russland nicht geändert. Der Fall wurde u.a. vor dem ISGH verhandelt. Dieser urteilte im Mai 2019, dass die Besatzungen und die Schiffe unverzüglich freigelassen werden müssen. Der NDR berichtete wie folgt über das ISGH-Urteil: "Für die Freigabe der beschlagnahmten Schiffe und die Freilassung der festgehaltenen Marinesoldaten stimmten 19 Richter, lediglich ein Richter aus Russland votierte dagegen. Russland solle die ukrainischen Matrosen "unverzüglich" freilassen und in ihr Heimatland zurückkehren lassen, erklärte Gerichtspräsident Jin-Hyun Paik in dem am Sonnabend verkündeten Urteil. Auch die drei beschlagnahmten ukrainischen Schiffe sollen demnach "unverzüglich" freigegeben und an die Ukraine zurückgegeben werden." (Quelle: NDR 2019: Seegerichtshof in Hamburg verurteilt Russland). Russland dagegen bestritt die Zuständigkeit des Internationalen Seegerichtshofes für diesen Fall und blieb bei seiner Rechtsauffassung, dass die Ukraine mittels eines ihrer Marineschiffe die Hoheitsgewässer Russlands verletzt habe. Außerdem verwies Russland auf die zeitgleich stattfindenden Präsidentschaftswahlen in der Ukraine, die möglicherweise mittels der Verletzung der russischen Hoheitszone durch die Ukraine beeinflusst werden sollten. Die Urteilsfindung durch den ISGH steht stellvertretend für die Versuche im Rahmen des Multilateralismus Konflikte nicht eskalieren zu lassen und diese mittels Recht möglichst gewaltfrei zu lösen. 

Die Exkursion fand im Rahmen des Seminares "Planung und Praxis des Politikunterrichtes" statt. Als Kooperationspartner konnte der Jugendoffizier, Hauptmann Danny Greulich, gewonnen werden. Vielen Dank, lieber Danny, für Dein Engagement. Vielen Dank an alle Studierenden für die engagierten Diskussionen – die nächste Exkursion wird folgen. (Dr. Peer Egtved, Seminar für Politikwissenschaft und Politikdidaktik an der Europa-Universität Flensburg)