Laptop und Zeitung
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Offizielle Pressemitteilungen der Europa-Universität Flensburg (EUF)

Social Media als Brandbeschleuniger? Wertekonflikte in Europa.

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Europäisches Verbundprojekt untersucht den Einfluss digitaler Medien auf die Wertepolarisierung innerhalb der Europäischen Union

Welche Rolle spielen digitale und soziale Medien bei der zunehmenden Wertepolarisierung innerhalb europäischer Gesellschaften? Diese Frage untersucht das Forschungsprojekt ValCon seit September 2020. Dafür erhält das Verbundprojekt aus drei Universitäten in Deutschland, Dänemark und Spanien knapp eine Million Euro von der Volkswagenstiftung.

Tiefe Krise der liberalen Demokratie

"Wir erleben eine tiefe Krise der liberalen Demokratie", konstatiert Monika Eigmüller, Professorin für Soziologie mit dem Schwerpunkt Europaforschung an der Europa-Universität Flensburg und Leiterin des Verbundprojekts ValCon – Value Conflicts in a differentiated Europe: The impact of digital media on value polarisation in Europe. "Der Aufstieg populistischer Parteien bedroht zunehmend den inneren Zusammenhalt der europäischen Staaten. Diese Krise -so unsere These – hängt einerseits mit wachsender sozialer Ungleichheit und sozialer Ausgrenzung zusammen, wurzelt jedoch ebenso in den dramatischen Veränderungen der politischen Kommunikation, der Medienlandschaft und der allgemeinen Öffentlichkeit."

Kommunikationsmuster der digitalen Medien verstärken Konflikte

Ausdruck dieser Krise sind nach Eigmüller die zunehmenden Konflikte um zentrale europäische Werte wie etwa Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung oder Unabhängigkeit der Justiz. "Diese Konflikte zeigen sich in den digitalen Medien als eine zunehmende Polarisierung und Infragestellung dieser Werte. Die Kommunikationsmuster der digitalen Medien treiben und verstärken diese Konflikte. Die Medien sind daher nicht lediglich eine Arena, in der Konflikte ausgetragen werden, die Medien sind selbst ein Akteur", erklärt Prof. Dr. Monika Eigmüller.

Fragen zu Mobilisierung, Polarisierung, Radikalisierung, Populismus

Ziel des Forschungsprojekts ValCon ist es, die Mechanismen dieser mediatisierten Logik öffentlicher Wertekonflikte offen zu legen. "Das Projekt stellt dazu verschiedene Fragen etwa zu Mobilisierung, Polarisierung, Radikalisierung, Populismus, der Legitimation der EU und dem Prozess der europäischen Integration", erläutert Eigmüller. "Fragen wie beispielsweise diese: Erhöht die Nutzung digitaler Medien die Bereitschaft, sich für oder gegen bestimmte politische Werte zu mobilisieren? Mobilisieren die sozialen Medien möglicherweise besonders stark vormals eher passive Gruppen von Gegnern liberaler Demokratien? Zeigen sich Unterstützung oder Hinterfragung demokratischer Werte in bestimmten Mustern von Mediennutzung? Gibt es länder- und gesinnungsspezifische Unterschiede populistischer Rhetorik? Auf welche Weise wird die Europäische Union im Unterschied zu nationalen Staaten angegriffen? Gibt es so etwas wie einen europäischen Populismus?"

Anhand dreier zentraler Konfliktfelder Untersuchungen in sechs europäischen Ländern

Um diese Fragen zu beantworten, verbindet das Projekt in einem innovativen Forschungssetting zwei Fragestellungen: Zum einen wie (populistische) Inhalte in den digitalen und sozialen Medien eingebettet sind und gedeutet werden und zum anderen wie Menschen (digitale) Medien nutzen und sich diese Inhalte aneignen. Anhand der drei zentralen Wertekonflikte um Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und Unabhängigkeit der Justiz untersucht ein multidisziplinäres Forschungsteam die Mechanismen politischer Mobilisierung durch digitale Medien in sechs europäischen Ländern (Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, Polen und Spanien).

"Wir werden in einem Online-Survey zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus den sechs Ländern über ihr Mediennutzungsverhalten und ihre politischen Werte befragen", erklärt Eigmüller. "Das kombinieren wir mit einer vergleichenden Analyse der Mediendebatten, um die drei zentralen Wertekonflikte zu analysieren."

Ziel des Projekts ist es, die langfristig wirkenden Strukturen einer veränderten Öffentlichkeit zu verstehen. In einem zweiten Schritt kann es EU- und nationale Institutionen dabei unterstützen, wichtigen Herausforderungen der politischen Kommunikation und Regierungsarbeit zu begegnen.

 "Wir erleben einen bedrohlichen kulturellen Backlash", erklärt Dr. Monika Eigmüller. "Dieses Projekt will helfen, die Zukunft der Demokratie in Europa und seiner Mitgliedsstaaten zu erhalten."