Laptop und Zeitung
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Offizielle Pressemitteilungen der Europa-Universität Flensburg (EUF)

„Frieden kommt nicht von alleine“

Der Ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev besucht die Europa-Universität Flensburg

"Es gibt keine Rede", erklärte Oleksii Makeiev, seit Oktober letzten Jahres ukrainischer Botschafter in Deutschland, gleich zu Beginn seines Vortrags. Er wolle nicht lange sprechen, sondern ins Gespräch kommen. "Diplomaten des 21. Jahrhunderts setzen auf Ehrlichkeit", erklärte der Botschafter: "Ängste ansprechen, Fragen beantworten, politische und wissenschaftliche Ideen und Vorschläge einsammeln, dafür bin ich hier." Etwa 130 Studierende, Lehrende und weitere Mitarbeitende der EUF hatten im Senatsaal Platz genommen, um mit dem Botschafter zu diskutieren, der gemeinsam mit der Generalkonsulin der Ukraine in Hamburg, Dr. Iryna Tybinka, angereist war.

Sensibilisierung für das alltägliche Leid der Ukrainer*innen

Zu Beginn sensibilisierte der Botschafter für das alltägliche Leid der Ukrainer*innen in diesem Krieg. Im Anschluss dankte er im Namen aller Ukrainer*innen den Anwesenden für die Aufnahme von über einer Million geflüchteter Ukrainer*innen in Deutschland und für militärische Unterstützung. Keinen Zweifel ließ Oleksii Makeiev daran, dass die Ukrainer*innen in diesem Krieg europäische Werte wie Pressefreiheit, Demokratie und Menschenrechte auch für alle Europäer*innen verteidigten.

Das ist Russlands Krieg gegen die Ukraine

"Im Grunde befindet sich die Ukraine seit dem Frühjahr 2014, seit der Annexion der Krim, im Krieg. Wie erleben Sie das?" lautete die erste Frage einer Studentin an den Botschafter. "Wir fühlen uns alleine gelassen", antwortete Oleksii Makeiev. "Mich stört es, dass dieser Krieg als Ukraine-Krieg bezeichnet wird, denn das ist er nicht. Das ist Russlands Krieg gegen die Ukraine und gegen Europa." Mit welchen Gründen er dazu aufgerufen habe, die Aufnahme seines Landes in die NATO voranzutreiben, lautete eine weitere Frage. "Die Ukraine macht heute genau das, wofür die NATO geschaffen worden war", antwortete Oleksii Makeiev, "Europa militärisch vor einer russischen-imperialistischen Invasion zu schützen."

Frieden kommt nicht von alleine

Wie er die Wirkung nichtmilitärischer Mittel einschätze? Sanktionen seien zu einem sehr wichtigen diplomatischen Instrument geworden, antwortete der Botschafter, aber nur unter der Voraussetzung, dass sie schnell und umfassend eingeführt und Lücken entschieden geschlossen würden.

Auf die Frage "Welche ukrainischen Szenarien gibt es für die Beendigung des Krieges?" antwortete Makeiev ausführlich: "Frieden kommt nicht von alleine. Das alles muss erkämpft werden. Wir haben klare Vorstellungen für einen Sieg der Ukraine, es gibt unter anderem einen 10-Punkte-Friedensplan des Präsidenten. Sieg ist, wenn Russland alle besetzten Gebiete verlässt. Sieg ist, wenn alle Kriegsgefangenen ausgetauscht und die nach Russland verschleppten Kinder zurückgebracht werden. Der Krieg ist gewonnen, wenn russische Kriegsverbrecher von einem Sondergerichtshof zur Rechenschaft gezogen werden. Der Krieg ist dann vorbei, wenn Russland dafür auch zahlt und wir mit dem Wiederaufbau beginnen können. Dafür müssen Garantien geschaffen werden."

Herzliche Begrüßung ukrainischer Studierender

Insgesamt eine Stunde stellte sich der Botschafter den interessierten und kenntnisreichen Fragen der Anwesenden und begrüßte im Anschluss einige der insgesamt 11 ukrainischen Studierenden an der EUF. Darüber freute sich Prof. Dr. Ulrich Glassmann, Vizepräsident für Europa und Internationales. "Wir konnten dem Botschafter mitteilen, dass die Studierende durch DAAD-Stipendien hier finanziert und in Studierendenprogramme integriert werden und sie damit eine Perspektive erhalten. Das ist auch genau das, was Bildungssysteme in dieser Situation leisten müssen."

Neue Impulse

Den Besuch des Botschafters an der Universität schätzt Glassmann auch aus wissenschaftlichen Gründen: "Üblicherweise ist die Diplomatie oder die Politik der Gegenstand der Untersuchung an der Universität. Und deshalb müssen sie immer auch einen kritischen Blick entfalten, aber selbstverständlich ist der wichtige Impuls, für das Kriegsleid in der Ukraine sensibilisiert zu haben, etwas sehr Wertvolles, um jetzt Diskussionen in der Universität darüber anzuregen, wie sich eine Europa-Universität in Zeiten des Krieges in Europa neu findet."

Eine Einschätzung, die der Präsident der EUF Prof. Dr. Werner Reinhart, prinzipiell teilt: "Wir stehen vor der paradoxen Situation, dass die europäische Idee, die sehr unter Druck geraten war, durch die Bedrohung von außen neue Impulse erhalten hat."