Bild einer Frau, die sich Notizen macht
Bild einer Frau, die sich Notizen macht

Auf der Suche nach dem richtigen Wort

Übersetzer Matthias Strobel führt als Gastdozent in das Metier des literarischen Übersetzens ein

Konzentrierte Stille und tiefgebeugte Köpfe an einem sonnigen Samstagmittag im Gebäude Oslo der EUF. Wie übersetzt man "escalonado" am besten ins Deutsche? Gestaffelt? Das klingt merkwürdig. Was hat dieses ungewöhnliche Wort in diesem Text zu suchen? Überhaupt: Warum ist der Text voller Fehler? Eine amerikanische Studentin namens Betsy schreibt Briefe aus ihrem Studienort Sevilla an ihre beste Freundin in den USA und missversteht dabei die spanische Kultur ziemlich häufig. Ein fiktiver Herausgeber hat diese Briefe angeblich gefunden und sie ins Spanische übersetzt – im Spanischen weisen die Briefe merkwürdige, irritierende und schlampige Formulierungen auf. So nennt Betsy etwa spanische Frauen "effiminada", ein Wort, das im Spanischen eher abwertend für Männer verwendet und am besten mit effiminiert übersetzt wird. Sind spanische Frauen in der deutschen Übersetzung also effiminiert, weiblich oder verweiblicht – wie lautet das richtige Wort? Das Buch "La Tesis de Nancy" des spanischen Autors Ramon J. Sender von 1962, das mit Missverständnissen spielt, ist eine riesige Herausforderung für die Übersetzung ins Deutsche.

In einem möglichst realen Szenario für Sprache sensibilisieren

Der renommierte Übersetzer Matthias Strobel, der 2014 mit dem Europäischen Übersetzerpreis ausgezeichnet wurde, ist genau diesen Fragen in seiner Gastdozentur für literarische Übersetzung nachgegangen - drei Samstage lang haben Spanisch- und KSM-Studierende unter seiner Anleitung intensiv gegrübelt und diskutiert. "Mein Anspruch an das Seminar war, für Sprache zu sensibilisieren", erklärt er am letzten Tag des Seminars. "Und auch in einem möglichst realen Szenario an wirklichen Texten zu arbeiten so wie ich es als Übersetzer auch tun würde, also: Die ganzen Überlegungen anzustellen und nach Lösungen zu suchen und daran zu lernen und zu wachsen."

Mit Worten und Sätzen spielen

Maja Fröhlich studiert u.a. Spanisch im Bachelorstudiengang Bildungswissenschaften. Ihr hat das Blockseminar sehr gut gefallen: "Als sprachbegeisterten Menschen hat es mich schon immer interessiert, mit Worten, mit Sätzen zu spielen, deshalb hat mich das Seminar interessiert. Ganz besonders angesprochen hat mich, dass ein Experte von außerhalb dabei war."  Sie geht seit dem Seminar bewusster mit Sprache um, erzählt sie. "Ich habe auch gelernt, mich damit abzufinden, dass es kein Richtig und kein Falsch gibt, es gibt nicht die perfekte Lösung."

Als nächste Gastdozentin kommt Patricia Klobusiczky

Insgesamt habe ihn das hohe Niveau der Fragen und der Diskussion positiv überrascht, betont Strobel nach dem Seminar. Marco Bosshard freut das. In Flensburg, so sagt er, liege die dänische Kultur näher als die spanischesprachigen. Seit 2016 kann man an der EUF Spanisch und seit 2017 Französisch studieren. Das romanische Seminar ist immer noch dabei, sich zu etablieren. Die Gastdozentur des Übersetzerfonds trägt dazu bei. Deshalb soll sie im nächsten Semester wiederholt werden. Dann kommt Patricia Klobusiczky, die seit 2006 aus dem Englischen und Französischen übersetzt, an die Europa-Universität Flensburg. Beide Gastdozenturen werden vom Deutschen Übersetzerfonds finanziert.

Interessiert daran, Französisch  oder Spanisch in Flensburg zu studieren?