Deutschdidaktisches Kolloquium (DeDiKo)
Das Deutschdidaktische Kolloquium (DeDiKo) bietet als fachwissenschaftliches Forum einen Raum zum gemeinsamen Austausch für alle in der Deutschdidaktik tätigen Kolleginnen und Kollegen, für Studierende der Germanistik und für die an deutschdidaktischen Fragen interessierte Öffentlichkeit. Im Sinne einer fachinternen Vernetzung und Interdisziplinarität richtet sich das Kolloquium gleichermaßen Vertreterinnen und Vertreter der Sprach-, Literatur- und Mediendidaktik. Neben den fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Themenfeldern bilden die Bereiche Lehre, Qualifizierung und Publikationen weitere Schwerpunkte des Kolloquiums.
Themenfelder des Kolloquiums
- Präsentation und Diskussion eigener Forschungsarbeiten im laufenden Prozess
- Diskussion eigener Publikationsvorhaben
- Austausch zu Fragen der Hochschullehre
- Diskussion deutschdidaktischer Fachtexte
- Vorstellung deutschdidaktischer Konzeptionen
- Vorstellung studentischer Abschlussarbeiten
- Weiteres
Bisher behandelte Themenfelder und Schwerpunkte:
Forschungsprojekte- und Forschungsvorhaben
- zu fachlichem und fachdidaktischem Wissen zu (recht) schriftlichen Phänomenen
- zum Verhältnis von Bedeutsamkeit und schriftsystematischer Fokussierung im Schriftspracherwerb
- Grundwortschatz an schleswig-holsteinischen Grundschulen
Lehre in der Deutschdidaktik
- Deutschdidaktik im Bachelor-Studium
- Sprachdidaktik am Übergang zwischen Bachelor und Master
Diskussion fachdidaktischer Materialien
- digitale Unterrichtsmaterialien
- doppelte Konsonanten und Verben in Sprachlehrwerken der 2. Klasse
Publikationsvorhaben
- Wege zur Publikation und Vernetzung im Forschungskontext
Durch den gewünschten interdisziplinären und thematisch offenen Netzwerk-Charakter des Kolloquiums ist ein variierender Teilnehmendenkreis eingedacht, ebenso wie die Möglichkeit, sich zusätzlich bei Bedarf in kleinerer Runde zu treffen.
Das DeDiKo findet monatlich mittwochs von 18:15 – 19:45 in der Lern- und Forschungswerkstatt der Germanistik (OSL 448) statt. Zu den Einzelterminen wird eingeladen. Im Herbstsemester 2023 sind das
20.09.23 Dr. Barbara Lang
Anfangsunterricht strukturorientiert (Astro) – Einblick in ein laufendes Projekt
Das an den Universitäten Hamburg (Astrid Müller) und Bielefeld (Melanie Bangel) angesiedelte Projekt ‚Astro‘ untersucht im Rahmen einer von der DFG geförderten Interventionsstudie die Lernwirksamkeit eines schriftstrukturellen Zugangs zum Wortlesen und Wortschreiben. Mit einem Stichprobenumfang von insgesamt 30 ersten Klassen aus Hamburg (15 Interventions- und 15 Kontrollklassen) soll überprüft werden, ob Schülerinnen und Schüler, die in einem an den grundlegenden orthographischen Wortstrukturtypen orientierten Unterricht lesen und schreiben lernen, ihre Leistungen schneller ausbauen können als solche, die herkömmliche Lernangebote erhalten, welche in erster Linie einem segmentbasierten Ansatz folgen.
Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren und befindet sich aktuell am Beginn des zweiten Projektjahres. Dieses beinhaltet den eigentlichen Interventionszeitraum. Entwickelt wurden Materialien zur Buchstabeneinführung, die von Anfang an aufzeigen, dass der entsprechende Lautwert eines Buchstaben abhängig von seiner Position im Wort ist (z.B. <leben> - [ˈle:.bən], <Felder> - [ˈfɛl.dɐ]). Die Vorstellung des Projektes gibt Einblick in Anlage und Ziele der Studie sowie Prozessabläufe und bislang erstellte Materialien.
18.10.23 Martin Neef (TU Braunschweig)
Ein Modell der Lexemarten und der Wortarten des Deutschen
Die Frage, wie viele Wortarten für das Deutsche anzusetzen sind, schien bislang leicht zu beantworten: Es sind 10. Jedenfalls findet sich diese runde (und vielleicht von daher von sich aus überzeugende) Zahl in der traditionellen Schulgrammatik. Mit der neuen Liste grammatischer Grundbegriffe von 2019 hat sich die Situation für den Schulkontext allerdings geändert, denn dort werden nun 15 Wortarten vorgegeben. Fachwissenschaftliche Modellierungen des Gegenstands kommen schon seit langer Zeit zu ganz unterschiedlichen Antworten auf dieselbe Frage und reichen in ihren Antwortmöglichkeiten von 5 bis 51. Diese Spanne deutet an, dass es nicht die deutsche Sprache ist, die über eine bestimmte Zahl an Wortarten verfügt, sondern dass dies für Theorien gilt, die das Ziel haben, die Grammatik der deutschen Sprache modellhaft zu rekonstruieren. In meinem Vortrag füge ich den vielen Modellen zur Wortartenproblematik im Deutschen ein weiteres hinzu. Eine wesentliche Grundannahme dabei ist, dass für den aktuellen Gegenstand zwei Wortkonzepte zu unterscheiden sind, nämlich lexikalische Wörter (= Lexeme) auf der einen Seite und grammatische Wörter (= Wörter) auf der anderen. Das Konzept lexikalisches Wort ist eine Basis zur Erklärung des Flexionsverhaltens in der deutschen Grammatik. Dabei setze ich fünf Lexemarten an und komme damit zum selben Ergebnis wie z.B. Hans Glinz, allerdings mit punktuell anders gelagerten Definitionen, die sich insbesondere durch größere Konsistenz auszeichnen. Das Konzept grammatisches Wort ist eine Basis zur Erklärung syntagmatischer Wortverbindungen in der deutschen Grammatik. Hier setze ich 12 Wortarten an, die definitorisch z.T. eng an die Lexemarten angelehnt, zum Teil aber auch in stärkerem Maß eigenständig sind und für die es unterschiedlich deutliche Fundierungen in der Tradition der deutschen Grammatikschreibung gibt.
15.11.23 Dorothea Kusche
Einblicke in Rechtschreibbiografien von Grundschullehrenden
Im Fokus der orthografiedidaktischen Lehrer*innenforschung stehen aktuell die professionellen Kompetenzen von Unterrichtenden. Bislang vorliegende Befunde zeigen eine Diskrepanz zwischen den seitens der Forschung formulierten Ansprüchen und der auf dieser Grundlage erhobenen Qualität von Wissens- und Überzeugungsbeständen (vgl. u.a. Schröder 2019, Wiprächtiger-Geppert et al. 2022).
Ergänzend zu diesem eher normativ geprägten Ansatz ist das hier vorgestellte Dissertationsprojekt einer rekonstruktiven Perspektive verpflichtet, die das erfahrungsbasierte Wissen der Akteur*innen der Praxis fokussiert. Den methodologischen und grundlagentheoretischen Bezugspunkt für das Projekt bildet die praxeologische Wissenssoziologie (vgl. Bohnsack 2017). Vor diesem Hintergrund wird gefragt, wie sich das Spannungsverhältnis zwischen (gesetzten und wahrgenommenen) Normen und der Handlungspraxis gestaltet und wie Lehrpersonen dieses für sich bearbeiten. Dafür wurden teilnarrative Interviews mit Lehrpersonen geführt und mit der dokumentarischen Methode (vgl. Bohnsack 2021) ausgewertet.
Im Zuge des Interpretationsprozesses hat sich die Auseinandersetzung mit der orthografischen Norm als ein zentrales Thema gezeigt. Dieses konkretisiert sich in persönlichen Erfahrungen mit dem Lerngegenstand, die von den Lehrpersonen selbst als für ihren Professionalisierungsprozess relevant gesetzt werden.
Im Vortrag sollen am Beispiel dieser RechtschreibbiografienEinblicke in das Datenmaterial, aber auch in die Forschungspraxis mit der dokumentarischen Methode gegeben werden.
Literatur:
Bohnsack, R. (2017). Praxeologische Wissenssoziologie. Opladen/Toronto: Verlag Barbara Budrich.
Bohnsack, R. (2021). Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden (10. Aufl.). Opladen/Toronto: Verlag Barbara Budrich.
Schröder, E. (2019). Der Lerngegenstand Wortschreibung aus der Sicht von Lehrenden. Fachliche und fachdidaktische Zugriffe von Grundschullehrenden. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
Wiprächtiger-Geppert, M., Riegler, S., Kusche, D., & Schurig, M. (2022). Überzeugungen von Primarlehrpersonen zu Orthografie und Orthografieerwerb. Zeitschrift für Grundschulforschung, 15(1), 169– 185.
13.12.23 Felix Castello
Verständnis digitaler und analoger Texte im Grundschulalter
Mit Beginn des neuen Schuljahres wurden in vielen Schulen im Saarland ab der dritten Klasse Schulbücher durch Tablets ersetzt. Nach der Überzeugung Vieler eine längst überfällige Maßnahme: Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland bei der Digitalisierung im Bildungsbereich vielen Ländern schon seit Jahren hinterher. Empirische Untersuchungen aus den letzten Jahren legen jedoch nahe, dass das Lesen als schulischer Bereich gilt, in dem Digitalisierung im Unterricht sogar problematisch sein könnte. Verschiedene Forschende sprechen sich daher dafür aus, mit Maßnahmen, die das Lesen von Büchern durch digitale Geräte ersetzen, vorsichtig zu sein.
Im Kolloquium wird eine Thesis vorgestellt, die die Fragegestellung erörtert, ob Kinder ein geringeres Textverständnis erreichen, wenn sie einen Text auf einem Computer lesen im Vergleich zu einem gedruckten Text. Dabei wird ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand gegeben und eine Untersuchung vorgestellt, die das Textverständnis von Grundschulkindern auf digitalen Medien vs. Papier im Rahmen dieser Thesis erforschte. Potenziale und Risiken von digitalen Geräten als Lesemedien sowie noch offene Forschungsfragen werden diskutiert.
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