Die Germanistik

Als Wissenschaft von der deutschen Sprache und den deutschsprachigen Literaturen beschäftigt sich die Germanistik sowohl mit der Struktur und Funktion von Kommunikationsprozessen in mündlicher und in schriftlicher Form als auch mit der Entstehung und Deutung von gedruckten und digitalen Sprachkunstwerken.

Die germanistische Literatur- und Medienwissenschaft befasst sich mit der Geschichte der literarischen Gattungen (Lyrik, Dramatik, Epik und Essayistik), den Leitideen der Dichtung (Poetik) und den Grundfragen der Sprachkunst (Ästhetik), indem sie das Werk einzelner Autorinnen und Autoren, Sinnbezüge zwischen Texten (Intertextualität) und Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Kulturen (Interkulturalitäts- respektive Transkulturalitätsforschung) untersucht. Dabei berücksichtigt sie die Eigenart unterschiedlicher Medien und die verschiedene Darstellungsweisen von Theateraufführungen und Spielfilmen oder Hörstücken und Hörbüchern, Comics oder Graphic Novels und bezieht kulturwissenschaftliche Fragestellungen (Gedächtnisforschung, Literarische Anthropologie, Postkoloniale Studien, Genderaspekte u.a.) mit ein.

Die germanistische Sprachwissenschaft geht von älteren Entwicklungsstufen wie dem Alt- und Mittelhochdeutschen aus, berücksichtigt Varietäten des Deutschen sowie des Niederdeutschen in Geschichte und Gegenwart und untersucht das bestehende Sprachsystem mit Blick auf sein Regelwerk (Grammatik), die Bedeutung sprachlicher Äußerungen (Semantik) und den Gebrauch, der von der Sprache in verschiedenen Situationen gemacht wird (Pragmatik). Sie leistet damit Beiträge zur allgemeinen Sprachwissenschaft (Linguistik) wie – komplementär zur Philosophie – zur logischen Klärung des Verhältnisses von Sprache, Welt und Wirklichkeit, mit der sich auch die Lehre von der Redekunst (Rhetorik) und die Zeichenkunde (Semiotik) auseinandersetzen.

Die germanistische Mediävistik nimmt die ältere deutsche Sprache und Literatur in den Blick; sie untersucht Texte vom frühen Mittelalter bis in die frühe Neuzeit (ungefähr im Zeitraum 800-1600). Dazu gehören nicht nur bekannte Gattungen wie Artusroman, Heldenepik und Minnelyrik; dazu zählt auch ein breites Spektrum von Texttypen, das z.B. Gebrauchstexte, Fachprosa, Geschichtswerke ebenfalls umfasst. Sie berücksichtigt dabei die historischen und kulturellen Umfelder und thematisiert die sprachlichen und medialen Bedingungen der Texte (wie die Überlieferung in Handschriften und Drucken).

Wie in der germanistischen Literaturwissenschaft und der historischen Sprachwissenschaft beruhen auch in der Mediävistik Textanalysen auf philologischen Methoden, wobei neuere kulturwissenschaftliche Ansätze mit einbezogen werden.

Die Didaktik der Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaft befasst sich unter Berücksichtigung übergreifender gesellschaftswissenschaftlicher und fachlicher Fragestellungen, die auf das "Was" und das "Warum" zielen, mit der Vermittlung (Methodik) ihrer Gegenstände am Lernort Schule (Primarstufe und Sekundarstufen),  Dabei geht es beispielsweise um das Erlernen des Schriftsprachsystems oder um die Teilnahme am gesellschaftlichen Diskurs über mediale Angebote. Die Relevanz von DaF und DaZ (Deutsch als Fremdsprache und Deutsch als Zweitsprache) ergibt sich aus der zunehmenden Heterogenität der Lerngruppen und den Anforderungen der Inklusion; die Methoden des ‚Darstellenden Spiels‘ ergänzen die Verfahren der diskursiven Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten. Niederdeutsche Sprache und Literatur werden als Gegenstand regionaler Sprachreflexion und Sprachvermittlung betrachtet.

Die niederdeutsche Philologie setzt sich mit der Entwicklung niederdeutscher (plattdeutscher) Sprache und Literatur in Geschichte und Gegenwart auseinander. Sie betrachtet die grammatischen Strukturen der niederdeutsche Dialekte und deren sprachkulturelle Verwendung im Kontrast zum Hochdeutschen. Das Zusammenspiel beider Sprachformen im norddeutschen Raum ist ebenso von Interesse wie die gesteuerte Niederdeutschvermittlung. Die schriftsprachlichen Varietäten des Altsächsischen, des Mittelniederdeutschen und des Neuniederdeutschen sowie die gesprochenen niederdeutschen Dialekte der jüngeren Zeit sind Lehr- und Forschungsgegenstand, wodurch Wissen über die Hochsprache um Kenntnisse zu den Existenzbedingungen einer kleinen Sprache und ihrer Didaktik bereichert wird.