„Dass man die Chance hat, die Funktionsweise eines Algorithmus zu verstehen“
Erstes Kompaktseminar des Projekts AIEduLab erarbeitet mit angehenden Grundschullehrkräften die Funktionsweise von Künstlicher Intelligenz
Tatjana Junker, Kathrin Geißler und Martha Rübenstahl waren sich einig: Wie alle Anwesenden im Seminarraum studieren sie an der EUF den Masterstudiengang "Lehramt an Grundschulen". In einem Wochenendseminar am 18./19. November wollten sie lernen, wie sie Grundschulkindern auf spielerische Weise "algorithmische Bildung" näherbringen. Das Seminar ist Teil eines Forschungsprojekts zum Thema Künstliche Intelligenz in der Lehrkräftebildung an der EUF.
"Die Kinder sind zum Teil weiter als man selbst"
Tatjana Junker findet das super: "Viele von uns kennen sich mit digitalen Prozessen nicht komplett aus, daher finde ich das sehr sinnvoll, dass so ein Seminar angeboten wird, in dem man ein Grundlagenwissen aufbauen kann. Das gibt einem selbst Sicherheit, denn die Kinder sind ja schließlich zum Teil viel weiter als man selbst. Ich habe schon Grundschulkinder erlebt, die programmieren konnten und ich nicht." Kathrin Geißler sieht das ähnlich: "Wenn die Kinder sehr viel mehr Wissen über digitale Prozesse haben als wir Lehrkräfte, dann ist das keine gute Ausgangssituation für produktiven Unterricht." Martha Rübenstahl ergänzt: "Gerade für die Kinder, die in einer digitalisierten Welt aufwachsen ist es wichtig, diese Umwelt besser zu verstehen – und das lerne auch ich erst hier so richtig." Auch Johannes Stolzenburg freut sich darüber, "dass man die Chance hat, die Funktionsweise eines Algorithmus zu verstehen und auch, auf welche Weise er die Wirklichkeit konstruiert."
Wie könnte eine kreative Künstliche-Intelligenz-Bildung aussehen?
Viele der anwesenden Studierenden sind also froh, dass sie in dem Seminar "Algorithmische Bildung in der Primarstufe – Spielerische, experimentelle Ansätze im ästhetisch-kulturellen Praxisfeld" täglich verwendete Begriffe erstmals selbst grundlegend erläutern bekommen.
Für die Seminarleitung, Dr. Claudia Obermeier und Uwe Neuhaus vom Projekt AIEduLab, ist das keine Überraschung: "Wir ergründen und prüfen in dem Projekt und den damit zusammenhängenden Seminaren, wie eine Künstliche-Intelligenz-Bildung aussehen könnte, mit der sowohl Lehrende als auch Lernende zu schöpferischem, kritischem und eigenverantwortlichem Denken und Handeln in der Netzwerkgesellschaft angeregt und angeleitet werden", erklären sie.
"Artificial Intelligence enhanced Education Lab" (AIEduLab) wird vom Land Schleswig-Holstein gefördert
Künstliche Intelligenz gewinnt permanent an gesellschaftlicher Bedeutung. "Immer öfter interagieren Menschen in ihrem Alltag ganz selbstverständlich mit KI-Systemen, etwa bei der Nutzung von Google Maps, der Bilderstellung mit dem Smartphone, der Nutzung sozialer Medien oder beim Musik streamen. KI basiert auf spezifischen Algorithmen, die laufend dazulernen. Unsere gesellschaftliche Lebenswelt wird daher mehr und mehr von Algorithmen bestimmt.", erläutert Christian Filk, Professor für Medienpädagogik und interdisziplinäre Medienforschung an der Europa-Universität Flensburg (EUF) und Leiter des Projekts "Artificial Intelligence enhanced Education Lab" (AIEduLab) an der EUF. Das Projekt wird mit rund 750 000 Euro von Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein gefördert und hat zum Ziel, Lehramtsstudierenden wie Tatjana Junker oder Johannes Stolzenburg Kompetenzen in den Handlungsfeldern Künstliche Intelligenz, Big Data, automatisierte Entscheidungssysteme, virtuelle Realität, und Datenschutz zu vermitteln. Sie sollen ihr Wissen dann wiederum später in der Schule weitergeben.
Das Ziel: Souverän und selbstbestimmt im digitalen Raum
"Mit diesem Projekt bringen wir einen Beschluss der Kultusministerkonferenz in die Lehrkräftebildung", erklärt Filk. "Laut KMK sollen Schüler*innen Algorithmen in allen Fächern als Funktionsweisen und grundlegenden Prinzipien der digitalen Welt kennen und verstehen lernen."
Bereits seit 2013 beschäftigen sich alle angehenden Lehrkräfte in ihrem Studium an der EUF verpflichtend mit dem Themenbereich Medienbildung. "Die Entwicklung digitaler Kompetenzen ist insbesondere in der schulischen Bildung eines der wichtigsten Themen der kommenden Jahre", betont Filk. "Denn in allen Berufen werden in Zukunft digitale Technologien eine Rolle spielen. Und in der Gesellschaft sowieso. Daher ist es von eminent wichtiger Bedeutung, dass die Schüler*inne sich im Netz souverän bewegen und den digitalen Raum selbstbestimmt gestalten können."
Sicherheit im Handlungsfeld Digitalität
Das Projekt AIEduLab erweitert die bisherigen digitalisierungsbezogenen Inhalte der Medienbildung um den Bereich KI und Algorithmen. Im Rahmen des Projekts wird das KI-Labor AI.Edu-Lab eingerichtet, in dem sich alle Lehrenden und Studierenden der EUF theoretisch und praktisch mit KI-bezogenen Bildungs- und Erziehungsprozessen auseinanderzusetzen können.
Eine gute Idee findet auch Tatjana Junker: "Mir gibt das auf jeden Fall Sicherheit, wenn ich mich in dem ganzen Handlungsfeld Digitalität besser auskenne, weil es ein Fakt ist, dass meine Schüler*innen damit aufwachsen. Und wenn ich einem Kind darüber etwas beibringen soll, dann muss ich da ja auch selbst Grundlagenwissen haben."