Soziale Herkunft im Unterricht
Durch objektiv-hermeneutische Rekonstruktionen von Grundschulunterricht wurde in meinem Dissertationsprojekt die Frage untersucht, inwiefern die Pädagogik in die Abhängigkeit des schulischen Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft involviert ist. Dabei wird der Zusammenhang des Bildungserfolgs von sozialer Herkunft als im Prozess des Unterrichtens angesiedeltes Phänomen untersucht. Der Blick in den Unterricht zeigt, dass die Grundschule ihren Anspruch, kompensatorisch auf eingebrachte Differenz zu reagieren, nicht einlöst. Durch Downgrading und/oder Externalisierung werden „Differenzprobleme“ unkenntlich oder abgewehrt und dadurch die Bildungsungleichheit perpetuiert. Die Studie ist in der Reihe „Rekonstruktive Bildungsforschung“ veröffentlicht worden.
- Stichworte
- Schule, Bildungsungleichheit, Soziale Herkunft
- Laufzeit
- 01.01.2011 - 31.12.2017
Kurzübersicht
Beschreibung
Immer wieder wird die in Deutschland besonders ausgeprägte Abhängigkeit des schulischen Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft betont und kritisiert; bislang muss deren Minderung jedoch als eine unerfüllte Hoffnung gelten. Gilt es als weitgehend unbestritten, dass pädagogische Institutionen an der (Re-)Produktion von Bildungsungleichheit beteiligt sind, so gibt es jedoch ein breites Spektrum der Identifikation möglicher Ursachen und bedingender Mechanismen. In den unterschiedlichen Forschungsansätzen, die sich mit diesem Phänomen befassen, dominiert eine (bildungs-)soziologisch orientierte Perspektive. Sei es durch die Bezugnahmen auf Pierre Bourdieu und sein Habituskonzept, die auf Raymond Boudon zurückgehende Theorie der rationalen Entscheidung ("rational choice") oder auch Basil Bernsteins Sprachcodetheorie. Bildungsungleichheit wird so als Passungsproblem differenter Habitus, als durch schichtspezifisch divergierende Bildungsaspirationsniveaus bedingt oder als "Passungsproblem" schichtspezifischer Sprachcodes in den Blick genommen.
Mit den an die genannten Perspektiven anknüpfenden und auch in davon abweichenden Ansätzen liegen bislang kaum Studien vor, die die Abhängigkeit schulischer Bildung von der sozialen Herkunft Heranwachsender als Ergebnis der (Re-)Produktion von Herkunftsdifferenz im und durch schulischen Unterricht in den Blick nehmen. Ob und wenn ja, inwiefern die Pädagogik diesem der Persistenz unterliegenden Phänomen zuarbeitet, oder ob sie dieses selbst gar (kontinuierlich) erst erzeugt, kann als nicht hinreichend geklärt gelten.
Das Dissertationsprojekt widmet sich daher der Aufklärung des pädagogischen Umgangs mit der aus der Spezifik der primären Sozialisationserfahrung resultierenden Differenz im schulischen Unterricht. Anhand von Grundschulunterricht dritter und vierter Klassen soll der Frage nachgegangen werden, ob und wenn ja, welche pädagogischen Umgangsmuster mit der Problematik der sozialen Herkunft sich in diesem Unterricht finden und ob und wenn ja, inwiefern dabei und dadurch eine Kompensation oder eine (Re-)Produktion von aus der sozialen Herkunft der Schüler herrührenden Differenzen festzustellen ist, die Rückschlüsse auf den Zusammenhang von schulischer Bildung und sozialer Herkunft ermöglichen.
Die Studie ist in der Reihe "Rekonstruktive Bildungsforschung" veröffentlicht worden:
Kabel, Sascha (2019): Soziale Herkunft im Unterricht. Rekonstruktionen pädagogischer Umgangsmuster mit Herkunftsdifferenz im Grundschulunterricht (Rekonstruktive Bildungsforschung 18), Wiesbaden: Springer VS.
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